Prima, Donna!

12. Oktober 2011 Rosemarie Schmitt
Bildteil

Joseph Freiherr von Eichendorff schrieb:
Nun laß den Sommer gehen,
Laß Sturm und Winde wehen.
Bleibt diese Rose mein,
Wie könnt ich traurig sein?

Sanft, dunkel, reif, ganz ohne jugendliche Schrille und sommerliche Grelle, erholsam, wohltuend, die Seele streichelnd, auch so kann er sein, der Herbst. Und so ist auch sie! Sie ist prima, diese Donna (ital.: Frau), eine "prima Donna" ohne Prima-Donnen-Gehabe. Ihre Stimme so sanft, so warm und samtweich wie ich lange keine hörte.

Im Frühling des Jahres 1965 ist die Französin geboren, und bis auf ihre Stimme ist ganz und gar nichts alt an ihr. Ein Neuling ist sie als Altistin jedoch auch nicht, hat sie doch bei unzähligen Einspielungen mitgewirkt und mit den berühmtesten Dirigenten und Ensembles zusammen gearbeitet. Und nun hat Nathalie Stutzmann endlich etwas Eigenes! Nein, nicht etwa ein Jodeldiplom, sondern etwas noch Besseres! Sie erfüllte sich den von ihr schon lange gehegten Traum eines eigenen Orchesters. Und nachdem Sie ihr Debütalbum "Vivaldi – Prima Donna" (Deutsche Grammophon) gehört haben, werden Sie mir zustimmen: ein schon viel zu lange nur gehegter Traum: das Ensemble Orfeo 55.

Während das Orchester sich, Stutzmann bei den Arien begleitend, dezent und dabei ohne Unterwürfigkeit zurück hält, brilliert es bei den Ritornellos (Ritornell: Teil eines Rondos) und der "Sinfonia L’Olimpiade"! Es ist eine Offenbarung, wenn die Kontra-Altistin den Taktstock schwingt. Eindrucksvoll, ausdrucksstark, gewaltig, temporeich und in ihrer ganzen barocken Frechheit klingen Vivaldis Kompositionen unter ihrer Leitung. Wie bedauerlich, daß diese Stücke allzu kurz sind, - das längste Ritornell dauert mal eben 57 Sekunden - denn dieses Orchester macht Lust auf mehr.

Daß ich Barockarien liebe ist ebenso wenig ein Geheimnis wie die Tatsache, daß ich übertriebene Koloraturen und nicht enden wollende Vibratos ganz und gar nicht mag. Doch die Art wie Nathalie Stutzmann diese Musik versteht und interpretiert, ist für mich eine einzige Wohltat! Bereits nach den ersten Takten ihrer CD war ich überzeugt und begeistert.

Ich weiß, der Herbst hat gerade erst begonnen, doch steht für mich jetzt bereits fest: diese Aufnahme ist das Beste, was diese Jahreszeit in musikalischer Hinsicht zu bieten hat!

Rosemarie Schreibfrau von Kultur-online schrieb:
Nun laß den Sommer gehen,
Laß Sturm und Winde wehen.
Bleibt diese Stimme mein,
wie könnt ich traurig sein?

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt