Presumed Reality

Ebbe Stub Wittrup wurde 1973 in Aarhus (Dänemark) geboren. Er lebt und arbeitet in Kopenhagen. Von 1995 bis 1999 besuchte er die Akademie der Bildenden Künste in Prag. Die Fotografie bildet die Grundlage für Stub Wittrups Arbeiten, die sich in einem breiten Spektrum zwischen Film, Skulptur, Text und Installation bewegen. Ebbe Stub Wittrups Arbeiten sind in verschiedenen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten. Er gilt als einer der talentiertesten und wichtigsten dänischen Kunstfotografen seiner Generation.

Ebbe Stub Wittrup hat in den letzten Jahren seine fotografische Praxis in dem Sinne erweitert, dass neben der ursprünglich gepflegten, neorealistischen Snapshot-Ästhetik mittlerweile stärker konzeptuell orientierte Fotoserien mit historischen und literarischen Bezügen einen breiteren Raum einnehmen. Seine Fotografien offenbaren eine "malerische" Qualität, in der das Alltägliche, Intime und Enigmatische miteinander verwoben erscheinen. Wie der dänische Kunsthistoriker Rune Gade treffend ausgeführt hat, zeigen Ebbe Stub Wittrups fotografische Arbeiten jenseits des unmittelbar Dargestellten immer auch eine andere Wirklichkeit, indem sie auf kulturelle Randphänomene, Phantasmen und Legenden Bezug nehmen. Stub Wittrups fotografischer Realismus evoziert unheimliche oder mystische Stimmungen und knüpft damit an die Ästhetik der Romantik an.

Im Kontext eines romantischen Blicks auf die Natur kann die seit 2007 entstandene fotografische Serie Presumed Reality von Ebbe Stub Wittrup gesehen werden. Ein Karton mit Bildern von Bergtouren durch Norwegen und die Schweiz aus den 1950er Jahren, den der Künstler auf einem Flohmarkt entdeckte, bildet den Ausgangspunkt für diese konzeptuelle Arbeit. Die zahlreichen Aufnahmen zeigen Alpinisten, Wochenendausflügler und Seilschaften auf ihren Bergtouren. Die Farben der Fotografien sind verblichen, und durch ihre Patina erscheinen die abgelichteten Situationen in eine ferne Vergangenheit entrückt. Doch der Künstler verwendet diese Dokumente ohne jede Nostalgie; vielmehr wird das gefundene Fotomaterial in neue Bilder verwandelt. Durch digitale Bearbeitung verwischt er Details oder verleiht ihnen größere Schärfe.

Ebbe Stub Wittrup spielt mit Farben, Formen, Licht und Schatten ohne Rücksicht auf das Dargestellte. Der Künstler tritt als ironischer Betrachter auf, der die durch das gefundene Fotomaterial repräsentierte Wirklichkeit neu gestaltet und erfindet. So werden etwa Aufnahmen vom Besteigen eines Gipfels oder dem Einlegen einer Pause zu abstrakten Gemälden: Die Konturen von Personen im Vordergrund lösen sich schemenhaft auf, und die Bergwelt im Hintergrund tritt gestochen scharf hervor. Was real ist, lässt sich nur mehr vermuten – Presumed Reality.

Ebbe Stub Wittrup – Presumed Reality
30. Juni bis 17. November 2013