Poesie des Ornaments. Das Backhausen-Archiv im Leopold Museum

Eintauchen in ein beeindruckendes Universum von Mustern und Ornamentik aus textilen künstlerischen Kreationen des umfassenden Backhausen-Archivs kann man in der Ausstellung "Poesie des Ornaments" in Wien. Dieses aus 11.000 Einzelobjekten und Konvoluten bestehende Archiv wurde dem Leopold Museum 2023 als Dauerleihgabe aus Privatbesitz anvertraut. Anhand von diversen Themenkomplexen gewährt die Schau einen chronologischen Einblick in museale Bestände, die in dieser Fülle erstmalig einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind.

Das im Jahr 1849 gegründete Unternehmen Backhausen zählt zu den traditionsreichsten Möbel- und Dekorstoffproduzenten der österreichischen und Wiener Kultur- und Wirtschaftsgeschichte. Zurückgehend auf den 1811 nach Wien emigrierten Jakob Backhausen blieb der Betrieb Jahrzehnte in Familienbesitz. Dem Unternehmen oblag die textile Ausstattung der prestigeträchtigsten Prachtbauten Wiens zur Gründerzeit und es prägte die Wiener Moderne, indem hier Tradition und Avantgarde gekonnt miteinander verwoben wurden.

Die Ausstellung beleuchtet einzelne Produktionsschritte – vom Entwurf über Stoffmuster bis hin zur Anwendung – und rückt Textilien, die von historischen Aufnahmen zum Teil bekannt sind, in den Fokus, setzt diese zudem bezüglich Skalierung in aufschlussreiche Beziehung zu den Exponaten. Die Timeline eröffnet mit einem Teppichentwurf aus dem Jahr 1879, der gleichzeitig einer der frühesten noch erhaltenen Designs darstellt, und endet mit den Neuauflagen von Jugendstilentwürfen, die ab den 1980er Jahren eine Renaissance erlebten. Bei den präsentierten Objekten handelt es sich jedoch nicht um autonome Kunstwerke, sondern um Werkzeichnungen und Skizzen, die auch Anweisungen für die Knüpfer:innen oder Notizen der Designer aufweisen.

Das Backhausen Archiv umfasst tausende Objekte, darunter grafische Entwürfe von über 300 Entwerfer:innen, Stoffproben, Muster- sowie Kollektionsbücher. Das Herzstück stellen die sechs von 1890 bis 1965 firmeninternen chronologisch und detailliert geführten Dessin-Bücher dar. Hier finden sich auf jeweils zirka 150 Seiten die Einträge zu den Stoffproduktionen mit Dessin-Nummer, Datum, technischen Angaben, Muster- und Qualitätsbezeichnungen, Namen von Kunden und Entwerfern sowie kleine, häufig in Bleistift oder Feder ausgeführte Zeichnungen des Musters.

Exemplarisch ausgewählte Exponate sollen die Vielfalt der Kreationen sowie die Stilpluralität moderner und historisierender Tendenzen punktuell aufzeigen und einen aufschlussreichen Einblick in den umfassenden Bestand des Archivs geben. Die Produktion von Backhausen steht in Zusammenhang mit zahlreichen Künstler:innen und Architekten, die für Bauten und Projekte der österreichischen Kunst- und Architekturgeschichte bedeutend waren. Die fruchtbare Symbiose gipfelte etwa in den Ausstattungen des Sanatoriums Purkersdorf, der Villa Skywa-Primavesi oder des Palais Stoclet in Brüssel. Zum “Who is Who“ der damaligen Avantgardist:innen, die für Backhausen tätig waren, zählen etwa Josef Hoffmann, Koloman Moser, Otto Wagner, Joseph M. Olbrich, Jutta Sika, Dagobert Peche, Josef Frank, My Ullmann oder Otto Prutscher.

Einen großen Mehrwert zu dieser Ausstellung stellt die gleichnamige Publikation dar, denn die Entwürfe, Zeichnungen, Musterstücke etc. sind auch vom Format her bestens geeignet, im Buch noch vertiefender betrachtet zu werden. 

Poesie des Ornaments. Das Backhausen-Archiv 
13.11.2024 – 09.03.2025
im Leopold Museum