Pierre Bismuth. Der Kurator, der Anwalt und der Psychoanalytiker

"Der Kurator, der Anwalt und der Psychoanalytiker" ist der Titel der ersten umfangreichen Personale des französischen Künstlers Pierre Bismuth. Die Schau stellt das komplexe, alle Medien umspannende OEuvre des Künstlers vor, das sich auf ebenso experimentelle wie humorvolle Weise konzeptuellen Methoden nähert. Die Ausstellung umfasst etwa 60 Arbeiten, die zwischen 1988 und 2014 entstanden sind, sowie ein neues Werk, das Bismuth eigens für die Präsentation in der Kunsthalle Wien entwickelt.

In "Der Kurator, der Anwalt und der Psychoanalytiker" macht Pierre Bismuth den Akt der Auswahl zu einer konzeptuellen Geste. Die gezeigten Arbeiten werden nicht vom Künstler selbst ausgesucht, sondern von drei Personen mit unterschiedlichem Hintergrund: einem Kurator (Luca Lo Pinto), einem Rechtsanwalt (Laurent Caretto) und einem Psychoanalytiker (Angel Enciso). Pierre Bismuth bat jeden der drei, eine gewisse Zahl von Werken aus seinem gesamten OEuvre auszuwählen und ersuchte sie, einen kurzen, ihre Entscheidung erklärenden Text zu schreiben. Diese Texte werden als Bildtexte den ausgestellten Werken zur Seite gestellt. Durch diesen Prozess versucht Bismuth nicht nur die Rolle des Künstlers und des Kurators, sondern das übliche kuratorische Szenario per se in Frage zu stellen.

Pierre Bismuth betrachtet seine künstlerische Praxis als Mittel, unsere Sichtweise der Wirklichkeit einer Prüfung zu unterziehen. Indem er regulierende Zeichensysteme verändert und Unsicherheit in scheinbar definierte Situationen einbringt, stellt er ernst und zugleich spielerisch festgelegte Regeln der Wahrnehmung in Frage und bringt den Betrachtern verborgene oder unbemerkte Momente der Realität ins Bewusstsein. "Mich interessiert nicht die Bedeutung des Lebens, sondern wie das Leben Bedeutung herstellt", fasst der Künstler seinen Zugang zusammen.

Viele Arbeiten Bismuths haben Kunstwerke, Bilder oder Gegenstände der Populärkultur zum Ausgangspunkt, ändern deren Gegebenheiten und präsentieren sie auf eine Art, die sich einer einfachen Lektüre entzieht, da die ursprüngliche Information korrumpiert ist. Daher wirken sie gleichzeitig vertraut und unterscheiden sich doch von dem, was wir kennen – sind zugänglich, aber in ihrer Bedeutung komplex.

Bismuths Ausstellung in der Kunsthalle Wien geht einen ähnlichen Weg. Indem er die gesamte Ausstellung als Medium verwendet, erweitert er seine konzeptuelle Geste auf andere, mit der Präsentation in Beziehung stehende Momente wie auf die Bewerbung der Ausstellung und auf die begleitende Publikation. So zeigt er in seiner Plakatkampagne für die Schau an verschiedenen öffentlichen Orten Wiens drei neue Arbeiten seiner textbasierten Work-in-progress-Serie Performances, die Szenarien beschreiben, welche schwer von alltäglichen Tätigkeiten der Passanten im öffentlichen Raum zu unterscheiden sind.

Auch den Katalog setzt Bismuth als Erweiterung der Ausstellung ein. Die lose von Werkverzeichnissen inspirierte Publikation enthält Abbildungen jeder einzelnen Arbeit, die Bismuth im Lauf seiner künstlerischen Arbeit bisher geschaffen hat. Der Textteil der Publikation enthält ein Gespräch zwischen Luca Lo Pinto und dem Künstler, ein Essay von Dessislava Dimova sowie Texte des Kurators, des Rechtsanwalts und des Psychoanalytikers.


Pierre Bismuth
Der Kurator, der Anwalt und der Psychoanalytiker
4. Februar bis 22. März 2015