Picturesque Views

Dass der Indische Subkontinent in der Pionierzeit der Fotografie besondere Beachtung fand, rückte vor etwa zwei Jahrzehnten erneut ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Seitdem wird das bemerkenswert umfangreiche Corpus der frühen Indienfotografie durch Ausstellungen und wissenschaftliche Publikationen (vornehmlich aus dem angelsächsischen Raum) zugänglich gemacht. Erstmalig wird nun in Zürich eine umfangreiche Ausstellung zur Kunstfotografie im Indien des 19. Jahrhunderts gezeigt. Das Museum Rietberg präsentiert eine Ausstellung des Museums für Asiatische Kunst, Berlin, die 71 exquisite Arbeiten der bedeutendsten Indien-Fotografen jener Epoche umfasst.

Seit den 1850er-Jahren trugen europäische Fotografen im Auftrag der East India Company umfangreiches Bildmaterial zusammen. Die englische Kolonialmacht veranlasste, dass der Subkontinent topo- und ethnografisch geradezu akribisch dokumentiert wurde. Bemerkenswert ist, dass einige der in Indien tätigen Fotografen nicht nur eine sehr individuelle Handschrift entwickelten, sondern großes Interesse an den künstlerischen Möglichkeiten des neuen Mediums bewiesen. Tatsächlich wurden in Indien seit Mitte des 19. Jahrhunderts Meisterwerke der frühen Kunstfotografie geschaffen. Besondere Aufmerksamkeit galt dem orientalischen, d.h. dem islamischen Indien der Moguln. Fast alle Fotografen erlagen der Faszination der Mogularchitektur, die nicht nur in ihrer Monumentalität, sondern auch in all ihren Details präzise eingefangen wurde. Somit spielt die frühe Indienfotografie auch in der Geschichte der Architekturfotografie eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Besonderes Interesse fanden bei den westlichen Fotografen die Gartenanlagen der Mogulzeit, wobei der Fokus auf den sogenannten Gartengräbern lag. Unbestrittener Star war der Taj Mahal. Den besonders ambitionierten Fotografen gelang es, jene für Indien so typischen Monumente und deren weitläufige Gärten in stimmungsvollen "Fotogemälden" festzuhalten. Frühe Ansichten des Taj Mahal von John Murray weisen künstlerische Qualitäten auf, die Vergleiche mit Meisterwerken der deutschen Romantik nahe legen. Andere herausragende Aufnahmen von Mogulgärten und islamischen Monumenten stammen von Thomas H. Biggs, Felice Beato, Samuel Bourne oder Lala Din Dayal, um nur einige der berühmtesten Fotografen zu nennen, die in der Ausstellung präsentiert werden.


Katalog: Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in deutscher und englischer Sprache im Hatje Cantz Verlag (dt. ISBN 978-3-7757-2122-6, engl. ISBN 978-3-7757-2123-3).

Picturesque Views
Frühe Fotografie in Indien
4. Juli bis 26. Oktober 2008