Oswald Tschirtner
Nach Ausstellungen zu August Walla und Johann Hauser zeigt das Museum Gugging unter dem Titel "oswald tschirtner.! das ganze beruht auf gleichgewicht" die dritte große Personale in der Geschichte des Museums. Die 260 Werke spannen den Bogen von Klein- zu Großformaten und spiegeln seine sehr unterschiedlichen Schaffensperioden und Facetten eines der erfolgreichsten Gugginger Künstler wieder.
Oswald Tschirtner, der aus einer streng katholischen Familie stammt, wollte eigentlich Priester werden. Er besuchte ein erzbischöfliches Internat während seiner Gymnasialzeit. Konnte aber während des 2. Weltkrieges kein Theologiestudium beginnen. Er war als Obergereiter Funker in Stalingrad, das er mit dem letzten Urlauber-Transport verließ. Nach einem Aufenthalt in einem französischen Kriegsgefangenenlager 1946, kehrte er aus dem 2. Weltkrieg zurück und wurde wegen auffälligen Verhaltens in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. Ab 1947 war dauerhaft hospitalisiert, er litt an Halluzinationen und wurde 1954 in die damalige "Heil- und Pflegeanstalt Gugging" überstellt.
In Maria Gugging traf er auf den Neurologen und Psychiater Leo Navratil, der ihn zum Zeichnen ermutigte. Navratil gründete 1981 das "Zentrum für Kunst-Psychotherapie", das spätere Haus der Künstler. Tschirtner lebte dort sehr in sich gekehrt. Er widmete sich Bibelstudien und der Lektüre von Messbüchern. Tschirtner begann in den 1960er Jahren zu zeichnen, dann kam es zu einer Schaffenspause bzw. sind aus dieser Zeitperiode keine Werke dokumentiert. Die für Tschirtners Schaffen charakteristischen Werke entstanden im Zeitraum zwischen 1971 und 2006.
"Oswald Tschirtners Weg zum Künstler war nicht vorgezeichnet. Gleichzeitig war er bis ins hohe Alter in der Lage, Neues zu entwickeln", erklärt Johann Feilacher, künstlerischer Leiter des Museums Gugging und Kurator der Ausstellung.
"Mit seinem geschlechtslosen Kopffüßler lehrt uns Oswald Tschirtner die Konzentration auf das Wesentliche und zeigte zugleich, wie er sich fühlte", so Feilacher weiter. "Er zeichnete immer auf Aufforderung und erledigte den Auftrag möglichst schnell. Seine Religiosität gab ihm Halt. Der Ausstellungstitel 'das ganze beruht auf gleichgewicht' ist der Titel von zwei Zeichnungen. Auf der einen Seite war es ihm nicht wichtig, was andere Menschen über ihn und seine Kunst dachten. Auf der anderen Seite war der Frieden mit seiner Umwelt sein höchstes Ziel."
Tschirtner gilt – neben August Walla, Johann Fischer, Johann Hauser oder Ernst Herbeck – als eine der wichtigsten künstlerischen Positionen, die bis dato aus Gugging hervorgegangen sind.
"oswald tschirtner.! das ganze beruht auf gleichgewicht"
13. Februar bis 27. September 2020
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