Open End

Seit April 2011 zeigt das Haus der Kunst Film- und Medienkunst aus der umfangreichen Sammlung von Ingvild Goetz. Mit über 500 Werken ist sie die bedeutendste Sammlung ihrer Art in Europa. "Open End" ist die vierte Präsentation von Werken aus der Sammlung Goetz, die in den 14 unterirdischen Räumen des ehemaligen Luftschutzkellers im Haus der Kunst gezeigt wird.

Die für die Präsentation ausgewählten Arbeiten gehören einer Form filmischer Darstellung an, die dem modernen Roman vergleichbar ist - der offensten Form literarischer Erzählung. Die herkömmliche, linear verlaufende und auf einen Endpunkt ausgerichtete Handlung ist durch freiere Erzählformen ersetzt; gemeinsam ist den gezeigten Filmen auch, dass sie ein offenes Ende haben.

In "House with Pool" von Teresa Hubbard und Alexander Birchler werden beispielsweise mehrere Handlungsstränge konsequent parallel geführt, ohne dass sie sich jemals berühren – das Warten einer Frau in einem gepflegten Haus, ein aus diesem Haus fliehendes und wieder zurückkehrendes Mädchen sowie der Gärtner, der ein totes Reh aus dem Swimmingpool birgt. Dabei ist nicht nur das Ende, sondern auch der Anfang der Erzählung offen. Und alles, was der Betrachter in eine bestimmte Reihenfolge bringt, um es zu deuten, bleibt bloße Vermutung.

Sebastian Diaz Morales fügt in "The Man with the Bag" sechs Episoden aneinander, die sich stark ähneln. In allen Episoden läuft ein Mann durch eine karge, menschenleere Landschaft und trägt einen Sack, der ihn am Fortkommen hindert. In jeder Episode stolpert er, verliert den Inhalt – mal sind es Knochen, mal Steine - und lässt den Sack am Wegesrand liegen, um seinen Weg allerdings genau dort später fortzusetzen. Ein Canto Ostinato für zwei Klaviere und Geräusche des Windes bilden den Soundtrack.
In Montarons Film "Balbvtio" schießt ein Junge Tauben in einer alten Kirche und wickelt einer der Tauben einen Zettel vom Bein. Der Text darauf ist jedoch so deutlich bzw. undeutlich wie konkrete Poesie. Bei alldem ist die Reihenfolge der Ereignisse so lose und hat so viele Brüche wie in einem Traum.

Die Werkauswahl von "Open End" zeigt, dass der Regisseur bei der Wahl der künstlerischen Mittel und erzählerischen Techniken ebenso viele Möglichkeiten hat wie der Autor eines Romans. Dazu gehört das offene Ende, aber auch der Genremix, die Rahmen- und Episodenerzählung, das gesamte Spektrum von Erzählperspektiven, die Technik des Bewusstseinsstroms und die Variation über ein Grundthema.

Open End
Sammlung Goetz im Haus der Kunst
28. September 12 bis 7. April 13