9. Juli 2012 - 2:03 / Bühne / Musiktheater 

Am Sonntag, 1. Juli 2012, feierte Jean-Philippe Rameaus komödiantisches Meisterwerk "Platée" in der Inszenierung von Calixto Bieito an der Oper Stuttgart Premiere. Am Pult des Staatsorchesters gibt der englische Dirigent Christian Curnyn sein Stuttgart-Debüt. Die Titelpartie interpretiert der schottische Tenor Thomas Walker. Im typisch französischen Stimmfach des Haute-Contre ist Cyril Auvity als Thespis und Mercure zu erleben, neben Bariton Andre Morsch als Satyre und Citheron. Die brillanten Arien der Torheit (La Folie) singt Ana Durlovski, die in Stuttgart jüngst als Amina in Oie Nachtwandlerin gefeiert wurde.

"Inmitten einer Orgie, in der die Zügellosigkeit regiert" findet sich der Dichter Thespis im Prolog der Oper wieder, als er von Mänaden, Satyrn und anderem trinklustigen Volk aus seinem Rausch geweckt wird. Kostümbildnerin Anna Eiermann nimmt dies zum Anlass, ihre Kostümentwürfe in einem der berühmtesten Nachtclubs der Welt zu verorten: im legendären New Yorker Studio 54, dessen Exzentrik und Exzesse zum Inbegriff für die späten 1970er-Jahre wurden. Vor den Augen des Publikums erfindet diese Club-Gesellschaft auf der Bühne "ein neues Spektakel"; das Erscheinungsbild wird mit zitathaften Annäherungen an die Mode des 18. Jahrhunderts unterwandert. So entsteht eine fantastischgroteske Wunderwelt zwischen barockem Versailles und orgiastischer Clubnacht, in der die französische Theaterkonvention des "Wunderbaren" aufscheint wie barocke Vanitas-Motive.

Calixto Bieito erzählt die Geschichte der Protagonistin Platee, die von Rameau mit einem Tenor besetzt wurde, als die Geschichte eines Transvestiten: Platee sucht nach Anerkennung ihrer Identität. Ihr Wunsch nach Liebe ist dabei so groß, dass sie nur allzu leicht der Illusion erliegt, tatsächlich begehrt zu werden. Der Götterbote Mercure und König Citheron werden in Bieitos Regie zu den "Maschinisten" der bitteren Komödie, an deren Ende Platee öffentlich bloßgestellt wird. Amor und die alles verkehrende Torheit (La Folie) sind jedoch die eigentlichen Herrscher über das Geschehen, in dem das Überraschende, Frappierende und gelegentlich Schockierende, das Rameaus Zeitgenossen in seiner Musik erlebten, auf aktuelle Weise erfahrbar wird - nicht zuletzt auch in der unbändigen Bewegungsenergie der zahlreichen Tänze dieses "närrischen Balletts", die sich aus einer eklektischen Phantasie speisen.

Platée von Jean-Philippe Rameau
Premiere: So 1. Juli 2012

Weitere Vorstellungen:
4./ 6./ 9./ 13. Juli 2012

Staatsoper Stuttgart
Oberer Schloßgarten 6
D - 70173 Stuttgart

W: http://www.oper-stuttgart.de/

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  •  1. Juli 2012 13. Juli 2012 /
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