Die Faszination für andere Kulturen und Lebensformen lassen den Künstler Not Vital seit rund fünfzig Jahren die ganze Welt erkunden.
Das Museum widmet dem Schweizer Künstler Not Vital die erste museale Einzelausstellung in Österreich. Die umfangreiche Personale präsentiert 21 Skulpturen, drei sowohl raum- als auch wandgreifende Installationen und 144 Zeichnungen.
Der Titel der Ausstellung stammt aus dem Rätoromanischen: "ir" bedeutet gehen. Damit ist ein wesentliches Prinzip der künstlerischen Praxis von Not Vital benannt, die auf der fortwährenden Spannung von Aufbruch (Fortgehen), Rückkehr (Heimkehren) und erneutem Aufbruch beruht.
Not Vital gilt als Künstler-Nomade mit einer ausgeprägten Leidenschaft dafür, sich fortwährend neue Wohn- und Produktionsstätten in den verschiedensten Teilen der Erde zu erschließen. Dieser obsessive Drang zur gleichsam globalen künstlerischen Verortung und die Faszination für andere Kulturen und Lebensformen lassen ihn seit rund fünfzig Jahren die ganze Welt erkunden. Vital hat sich in den vergangenen Jahren Ateliers in Brasilien, Chile, China, Italien und Niger eingerichtet und lebt und arbeitet vor Ort immer wieder für einige Monate mit den dort ansässigen Handwerkern und deren Kultur und Tradition.
Aus diesen fremden kulturellen Kontexten heraus hat Vital ein umfangreiches skulpturales Werk entwickelt, das durch konzeptionelle Stringenz und intuitives Wissen über lokale Kulturen und Erzähltraditionen heraussticht. Dabei greift Vital laut eigener Aussage lediglich das auf, was um ihn ist. Sein Interesse gilt vor allem spezialisiertem Handwerk, ungewöhnlichen Materialien und Techniken und den jeweils spezifischen kulturellen und landschaftlichen Gegebenheiten. Sie sind wichtige Elemente, die maßgeblich in sein Werk einfließen und es mitgestalten. Seine Werke sind gleichermaßen metaphorisch und biografisch und kombinieren immer wieder auf rätselhafte Weise Formen, Materialien und Werktitel.
Vital ist eng verbunden mit dem Ort seiner Herkunft, dem Schweizer Unterengadin, in das er regelmäßig für einige Monate im Jahr zurückkehrt. Aus diesem Ort und seinen Traditionen sowie den eigenen Kindheits- und Jugenderinnerungen schöpft er ebenso Inspiration für seine Skulpturen wie aus den Motiven, Materialien und Handwerkstechniken fremder Kulturen. Aufgrund ihrer reduzierten Formensprache und der glatten, oftmals reflektierenden Oberfläche zeichnet sich Vitals Kunst durch eine bestechende formale Klarheit und Präzision aus. Ihr haftet durch ihre nicht eindeutig benennbare, archaisch anmutende Ikonografie eine rätselhafte und poetische Zeitlosigkeit an. Vitals Werke entfalten ihre ästhetische Wirkung vor allem über den spannungsreichen Dialog zwischen formaler Strenge und Eleganz und inhaltlicher Vieldeutigkeit. Die Kombination aus Minimalismus und höchster handwerklicher Perfektion einerseits und gefundenen visuellen Zeichen und surrealen Symbolen andererseits verdichtet sich zu einer individuellen Mythologie, in der die Kunst zur Lebenspraxis geworden ist.
Not Vital
IR
8. Dezember 2020 bis 13. Juni 2021