No Acting Required: Robert Mitchum

Nur einmal wurde Robert Mitchum für einen Oscar nominiert, doch die Liste seiner unvergesslichen Rollen reicht von Jacques Tourneurs "Out of the Past" über Nicholas Rays "The Lusty Men", Charles Laughtons "The Night of the Hunter" und J. Lee Thompsons "Cape Fear" bis zu Howard Hawks´ "El Dorado" und Jim Jarmuschs "Dead Man". Das Österreichische Filmmuseum widmet dem am 1. Juli 1997 verstorbenen Hollywoodstar im Dezember eine Retrospektive.

Seine Kindheit und Jugend hat Robert Mitchums Art zu spielen wohl entscheidend geprägt. Mit zwei Jahren verlor der am 6. August 1917 in Connecticut geborene Mitchum seinen als Gleisarbeiter arbeitenden Vater durch einen Rangierunfall. Mehrmals lief er in seinen Jugendjahren von zu Hause weg, begann ziellos durchs Land zu wandern, soll wegen Landstreicherei auch mal verhaftet und zu einer Strafe als Kettensträfling verurteilt worden sein und schlug sich dann während des Kriegs als Fließbandarbeiter in der Lockheed-Flugzeugfabrik durch.

Ohne Schauspielausbildung kam Mitchum 1943 eher zufällig zum Film. Nach Kleinstrollen unter anderem im Laurel-und-Hardy-Film "The Dancing Masters" (1943) brillierte er als Hauptdarsteller in William Castles B-Thriller "When Strangers Marry" (1944). Schon ein Jahr später gelang ihm in William Wellmans Weltkriegsfilm "The Story of G.I. Joe" (1945) der Durchbruch. Für seine lakonische Verkörperung eines Offiziers, der die eigene Angst verbirgt, um seinen Männern Rückhalt zu geben, wurde Mitchum 1946 für den Oscar als Bester Nebendarsteller nominiert. Dass er der Verleihung ferngeblieben sein soll, könnte erklären, weshalb er von den Mitgliedern der Academy nie mehr berücksichtigt wurde.

Denn verdient hätte Mitchum einen Oscar für mehrere seiner über 120 Filmrollen. In Jacques Tourneurs Meisterwerk "Out the Past" (1947) spielte er ebenso wie in Otto Premingers "Angel Face" (1952) den im Grunde gutmütigen Mann, den eine Femme Fatale ins Verderben stürzt. Doch auch in dämonischen Rollen spielte er sich nachdrücklich ins Gedächtnis der Zuschauer. Unvergesslich bleibt er als Frauen mordender Wanderprediger in Charles Laughtons einziger Regiearbeit "The Night of the Hunter" (1955) oder als Gangster in J. Lee Thompsons "Cape Fear - Ein Köder für die Bestie" (1962).

Weder machte Mitchum viel Aufsehen um sein Spiel, noch spielte er sich in den Vordergrund, sondern überzeugte durch Coolness und Lakonie. Charles Laughton sah in ihm zwar den besten Schauspieler der Welt, Mitchum selbst aber meinte, dass Schauspielerei ein einfacher Job sei, sei mit Rin-Tin-Tin doch eine Hündin einer der größten Filmstars, die je gelebt haben. Und auf dem Set der Fernsehproduktion "Feuersturm" (1983) soll er am Rand seines Skripts wiederholt "NAR" notiert haben. Gefragt, was das heiße, antwortete Mitchum: "No Acting Required".

Idealbesetzung war er aufgrund seiner Jugenderfahrungen für den Vagabunden in Nicholas Rays Rodeo-Film "The Lusty Men" (1952). Nicht den grundsoliden Amerikaner wie James Stewart oder Gregory Peck spielte Mitchum zumeist, schon eher den rastlos Suchenden, der sich nach einem Platz im Leben und einem Zuhause sehnt, dies aber noch nicht gefunden hat. "Out of the Past" ist diese Sehnsucht ebenso eingeschrieben wie "The Lusty Men" und auch Otto Premingers Western "River of No Return" (1954) erzählt im Kern von der Sehnsucht nach einer Familie und wie ein Mann und eine Frau erst durch die Überwindung von Gefahren zu einem Paar werden.

Angeschlagene, vom Leben gebeutelte Figuren waren seine Spezialität. Als Alkoholiker brillierte er in Howard Hawks´ Western "El Dorado" (1966), die Rolle des Philippe Marlowe in Dick Richards´ "Farewell, My Lovely" (1975) und Michael Winners Neuverfilmung von "The Big Sleep" (1978) war Mitchum auf den Leib geschrieben und einen denkwürdigen Kurzauftritt absolvierte er gegen Ende seiner Karriere als Sägewerkbesitzer in Jim Jarmuschs Western "Dead Man" (1995).

Ausschnitt aus "El Dorado"