Nikolaus Walter. Begegnungen

Anlässlich von Nikolaus Walters 70. Geburtstag zeigt das vorarlberg museum gemeinsam mit der Vorarlberger Landesbibliothek eine Retrospektive zu Nikolaus Walters fotografischem Werk. Sie bietet einen Einblick in das Schaffen des Vorarlberger Fotografen, dessen Archiv mit dem Ankauf durch die Landesbibliothek (2012) auch in Zukunft als Einheit erhalten bleiben kann.

Während die Ausstellung im vorarlberg museum fotografische Serien aus allen Werkphasen zeigt, ist in der Vorarlberger Landesbibliothek seine bis heute andauernde Langzeitbeobachtung "Steiles Erbe. Das Große Walsertal" zu sehen. Nikolaus Walter wurde besonders durch seine dokumentarischen Langzeitstudien bekannt. Dieser dokumentarische Charakter begleitete sein Schaffen von Anfang an. Ganz besonders wichtig sind ihm dabei die Begegnungen mit Menschen und Orten. Seine Fotografien entstehen oft auf Entdeckungsreisen an die "Un-Orte" (Margit Zuckriegl) dieser Welt und im Kontakt mit Außenseitern der Gesellschaft. Die Ergebnisse zeugen von einer besonderen Gabe des Künstlers: Er nimmt den Menschen Bilder ab, ohne sie bloßzustellen. Dabei entwickelte der Fotograf ein großes Gespür für die Geschichten dieser Menschen und Orte. Sein wacher Blick erkennt den richtigen Moment, aus welchem sich seine Serien erst entwickeln können. Mit der Ausstellung "Nikolaus Walter. Begegnungen" kann nun gleichsam die Genese eines umfangreichen und beharrlichen Werks nachvollzogen werden, das sich von Anfang an auf hohem Niveau bewegt hat. Schon das Atrium präsentiert den Künstler als "Könner des sequenziellen Bilderzählens" (Gerhard Glüher). Die Serie "An einem Sonntag in Nazaré, Portugal" von 1988 scheint auf den ersten Blick Konzeptkunst zu sein, zeigt sie doch "wechselnde Konstellationen von Passanten vor, auf und hinter einem Zebrastreifen" (Margit Zuckriegl). Doch abseits dieser formalen und geometrischen Entsprechungen erzählt die Bilderfolge die Geschichte einer Begegnung: Vom Warten eines Mannes auf einen Zweiten bis zum gemeinsamen Abgang hält der Fotograf die Szenenfolge fest. Auf allen Ebenen des Atriums begegnen den Besuchern Fotografien aus der Serie "Der Reißnagelweg". Sie zeigen den Blick des Fotografen auf Pflegende und Gepflegte. Bilder und Eindrücke, denen wir uns alle früher oder später stellen müssen, die eine alternde Gesellschaft aber nicht gerne sieht. Auf der dritten Ebene des vorarlberg museums ist die Retrospektive zu Nikolaus Walters fotografischem Werk zu sehen. Sie zeigt fotografische Serien aus allen Werkphasen und macht so den künstlerischen Werdegang nachvollziehbar. Ergänzend zu den Fotografien präsentiert die Ausstellung eine Auswahl an Erstausgaben der Fotobücher und Veröffentlichungen des Künstlers in namhaften Fotomagazinen und Zeitschriften. Ein filmisches Kurzporträt von Ingrid Adamer ergänzt die Schau. Der Architekt Hansjörg Thum hat für die Ausstellungen eine reduzierte, aber durchdachte Architektur (basierend auf den Zwischenwänden der Ausstellung "Jenseits der Ansichtskarte: Die Alpen in der Fotografie" von Martin Kohlbauer) geschaffen. So wird die Ausstellung an beiden Standorten eine aufeinander bezogene Einheit. Auf die Eigenheiten des Kuppelsaals der Landesbibliothek sowie des Atriums und der Ausstellungsfläche auf der dritten Ebene des vorarlberg museums reagierte der Architekt mit leicht gewinkelten und keilförmig zugespitzten Ausstellungsflächen und Vitrinen. Die Grafikern Sarah Schlatter hat eine zurückhaltende und einfühlsame Typografie und Gestaltung für Ausstellung und Katalog entworfen. Zusammen mit dem Architekten entwickelte sie auch die Farbdramaturgie für die Ausstellungen in beiden Häusern. Zur Ausstellung erscheint im Kehrer Verlag (Heidelberg und Berlin) ein Katalog, in welchem rund 250 Fotografien versammelt sind. Die drei Essays des Katalogs beleuchten Walters Werk aus verschiedenen Blickwinkeln. Anton Holzer findet einen fotohistorischen Zugang, während Margit Zuckriegl sich der "intuitiven Soziologie" des Künstlers widmet. Der literarische Beitrag des Wegbegleiters Willibald Feinig schließlich nähert sich dem Schaffen Walters in einem Porträt des Künstlers, das den dialogischen Charakter seines Werks betont.
Nikolaus Walter. Begegnungen 17. Januar bis 3. Mai 2015