Nichts Neues aus dem Tollhaus

17. September 2018 Kurt Bracharz
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"Nobody’s ever done a better job than I am doing as president". Man braucht nicht drei Mal zu raten, um herauszubekommen, welcher US-Präsident das von sich gesagt hat. Sein Name ist Nobody. Trump sagte es zu Bob Woodward, als dessen Buch "Fear – Trump in the White House" bereits im Druck war; vorher hatte er ihm jeden Kontakt verweigert. Jetzt log Trump wie üblich: Er sagte zu Woodward, niemand habe ihn über das Buchprojekt informiert und er hätte gerne ein Interview gegeben. Der Autor hätte ihn darauf hinweisen können, dass er über jeden US-Präsidenten seit Nixon ein Buch geschrieben hatte, ersparte sich das aber, weil er wusste, dass Trump nichts liest, schon gar keine Bücher. Woodward hatte auch dieses Mal wieder Minister und hochrangige Mitarbeiter unter Zusage der Anonymität bei ihnen oder bei sich zuhause interviewt – also nie im Weißen Haus.

Wirklich Neues kann auch Woodward nicht berichten, schließlich steht Donald Trump nun schon so lange an der hellsten Stelle im Licht der Öffentlichkeit, dass sich jedermann dasselbe Urteil über den Ex-Immobilienhai bilden konnte wie Ex-Außenminister Rex Tillerson noch zu seiner Amtszeit und jetzt der ehemalige Heimatschutzminister und derzeitige Stabschef John Kelly, der in kleinem Kreis über Trump sagte: "Er ist ein Idiot. Es ist sinnlos, ihn von irgendetwas zu überzeugen. Wir sind hier im Tollhaus. Das ist der schlimmste Job, den ich je gehabt habe." Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Kelly mittlerweile abstreitet, "Idiot" gesagt zu haben, weil er wohl seinen Job behalten will. Der Verteidigungsminister James Mattis gestand Trump das Verständnis eines "Fünft- oder Sechstklässlers" zu, wogegen sich bereits Stimmen erhoben, dass viele ganz durchschnittliche Jugendliche dieser Altersgruppe intelligenzmäßig, sozial und moralisch Trump weit überlegen seien. Tatsächlich würden sich die meisten von ihnen über einen ihrer Kameraden nicht so abfällig äußern wie Trump über seinen Justizminister Jeff Sessions: "Er ist ein geistig zurückgebliebener Typ, ein dummer Südstaatler. Er könnte in Alabama als Provinzanwalt keinen Job finden." Bemerkenswert ist das, weil viele dumme Südstaatler Trump gewählt haben, aber Trump hatte wohl recht, als er einmal protzte, er könnte auf der Main Street jemanden erschießen, ohne dass das Konsequenzen hätte.

Am 5. September, also kurz vor der Veröffentlichung von Woodwards Buch am 9/11 (!), druckte die "New York Times" den anonymen Text eines "hohen Beamten des Weißen Hauses" ab, in dem behauptet wurde, dass ranghohe Mitarbeiter Trumps dessen Pläne hintertrieben, wo sie amerikanischen Interessen schaden könnten. Wie das gemeint ist, kann man sich vorstellen, wenn man bei Woodward liest, dass der Ex-Wallstreet-Banker und (freiwillig zurückgetretene) Ex-Wirtschaftsberater Gary Kohn Dokumente von Trumps Schreibtisch verschwinden ließ, um zu verhindern, dass Trump das Handelsabkommen mit Südkorea aufkündigte, nachdem er ein ihn so begeisterndes Treffen mit dem nordkoreanischen Diktator gehabt hatte. Was das Moralische solchen Handelns betrifft, holte der Anonymus weit aus: "The bigger concern is not what Mr. Trump has done to the presidency but rather what we as a nation have allowed him to do to us. We have sunk low with him and allowed our discourse to be stripped of civility."

Wenn es eine solche Verschwörung der Vernünftigen gegen den – freundlich formuliert – unvernünftigen Präsidenten tatsächlich gibt, dann wäre das erfreulich. Aber die Sache hat einen Haken. Wenn es eine Gruppe voneinander Wissender gibt, welche die hirnrissigsten Entscheidungen des obersten Madmans unauffällig sabotieren, dann wäre es gewiss das Klügste, absolut in Deckung und Anonymität zu verharren, bis Don the Moron nicht mehr Präsident ist. Eine geradezu Trumpsche Idiotie wäre es, vorher in die Öffentlichkeit zu treten, anonym oder nicht. Jetzt wird niemand mehr Trump etwas vom Schreibtisch nehmen können, ohne bemerkt zu werden – es sei denn, die gesamte Administration wäre sich gegen ihn einig. Aber so optimistisch kann man wirklich nicht sein. Es fragt sich also, was der Sinn dieser Veröffentlichung gewesen sein mag. Aufklärung war es sicher nicht.