Nader Ahriman - Meta-Kubismus

Nicht nur das Ende der Philosophie, auch das Ende der Malerei wurde in der Vergangenheit mehrfach – entweder bedauernd oder befreiend – ausgerufen. Nader Ahriman (*1964, lebt in Berlin) verbindet beides und setzt sich damit bewusst ab: Er "malt" Philosophie. Zentrale Leitthemen wie Mensch, Maschine, das Verhältnis beider zu einander und zur Natur oder die menschliche Suche nach intellektueller Heimat finden sich in seinen Zeichnungen, Collagen und Malereien wieder. Auch wenn es nicht einfach ist, diese Inhalte in seinen Figuren- und Formenkonstellationen zu entschlüsseln.

So werden die BetrachterInnen mit komplexen und aufgeladenen Traumbildern konfrontiert, in denen das Übersinnliche und Unbewusste schlummert. Diese Bilder verweisen auf keinen konkreten Ort oder eine bestimmte Zeit: Die Räume bleiben undefiniert und unwirklich, lassen Figuren schweben oder abstürzen, geben nur grobe Umrisse wieder und erinnern vor allem an künstliche Bühnenräume. Und offen bleibt auch, ob die Szenen in der Vergangenheit oder in der Zukunft spielen, obwohl die philosophischen Verweise auf Hegel, Nietzsche oder Lukács den historischen Bezugsrahmen vorgeben. Ahriman kombiniert ihre Gedankenansätze und Ideen mit seinem Wissen um kunsthistorische Verweise zu einer eigenwilligen, referenzstarken Bildsprache, die sich an Giorgio de Chirico und Max Ernst ebenso orientiert wie an Oskar Schlemmer oder an Rube Goldberg.

Er legt seine Arbeiten als Serien an, die wiederkehrende Motive in unterschiedlichen Variationen miteinander kombinieren. Die seit 2002 entstanden Serien "Etüden transzendentaler Obdachlosigkeit" (2002-2005), "Stromboli – Die Gestalt des Selbstbewusstseins" (2006) sowie "Hegelmaschine oder die Kunst des Endes" (2012-2013) fasst er unter dem Titel "Meta-Kubismus" zusammen, wobei "Meta-Kubismus nichts mit dem Kubismus von Braque und Picasso zu tun hat, sondern mit dem späten Cezanne, der die Idee der Dinge darstellen wollte".

Die Zeichnungen sind oftmals Kombinationen aus Text und Bild, andere fungieren vor allem als Skizzen und Vorarbeiten für die Malereien, haben aber trotzdem singulären Stellenwert. Immer wieder begegnen uns z.B. Gliederpuppen, die verschiedene (Wesens)Zustände ein- und annehmen. Markant ist auch ein Arm, der durch eine Prothese ersetzt wurde, an dessen Ende sich drei Pinsel befinden, die sich ohne erkennbare Antriebsquelle bewegen und der wiederholt in den Zeichnungen in Erscheinung tritt. Alle Arbeiten entwickeln eine metaphysische Atmosphäre, deren Schwere und Ernsthaftigkeit durch Ironie und Distanz gebrochen wird. Und auch Text spielt in allen Arbeiten eine wichtige Rolle: Taucht er in den Zeichnungen sowohl als inhaltliches als auch gestalterisches Element auf, so fungiert er bei den Malereien als begleitender Titel, der das Abgebildete einordnet und benennt.

Doch der permanente Wunsch auf vollständige Entschlüsselung all dieser Anhaltspunkte kann nur scheitern. Ahrimans Zeichensystem ist hermetisch aufgebaut, in sich schlüssig. Folgt man den Zeichnungen in ihrer festgelegten Reihenfolge, geben sie ihre innere Struktur und Logik Preis, doch weisen sie auch darüber hinaus? Am Ende bleibt den BetrachterInnen nur die tiefe Sehnsucht, die scheinbar unüberschaubare Fülle zu erklären. Es ist dieser Wunsch, welchen Ahriman mit der Serie "Etüden transzendentaler Obdachlosigkeit" beschreibt und damit auch gleichzeitig sein künstlerisches Vorgehen offenlegt.

Nader Ahriman - Meta-Kubismus
1. Mai bis 30. Juni 2013