13. September 2020 - 0:11 / Ausstellung / Fotografie / Video 
16. September 2020 14. Februar 2021

Schwindende Gletscher und Polkappen, steigende Meeresspiegel und versteppte Landflächen: die Folgen der Klimakrise sind längst sichtbar. Nach uns die Sintflut heißt die große Herbstausstellung des Kunst Haus Wien, die mit den Mitteln der Kunst die Dringlichkeit des Themas aufzeigt. 21 österreichische und internationale Künstlerinnen und Künstler veranschaulichen durch Fotografie und Video die Genoveva Kriechbaum ökologischen Auswirkungen unseres wachstumsorientierten Wirtschaftssystems.

Die Werke aus den vergangenen zehn Jahren sind oft in intensiver Recherche und in Zusammenarbeit mit WissenschafterInnen entstanden. Sie geben den abstrakten Prozessen und komplexen Zusammenhängen der Klimakrise eine visuelle Form und berühren auf emotionaler Ebene. Die Ausstellung steht programmatisch für die Anliegen und Schwerpunkte, die das Kunst Haus Wien als Grünes Museum verfolgt: Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen sowie künstlerische Fotografie.

"Nach uns die Sintflut" zeigt die Schönheit der Natur genauso wie durch Dürre, Flut oder Bautätigkeit zerstörte Landstriche und Regionen. Der alpine Bereich ist von der Klimaerwärmung besonders betroffen. Exemplarisch dafür steht Axel Braun (DE), der anhand von historischen Aufnahmen das erschreckende Schwinden der Pasterze dokumentiert. Michael Goldgruber (AT) hat für die Ausstellung eine neue Arbeit produziert, die die Veränderung der hochalpinen Landschaft in den Ötztaler Alpen in Tirol zum Inhalt hat. Douglas Mandry (CH) hält in seiner Serie Monuments den Prozess des Verschwindens von Gletschereis auf weißer Folie, die zum Abdecken der Gletscher verwendet wird, in den Schweizer Alpen fest. Die aus den Niederlanden stammende Anouk Kruithof (NL) reiht in ihrer Videoarbeit "Ice Cry Baby" Aufnahmen einstürzender Gletscher aus aller Welt aneinander und unterlegt die Bilder mit dem Sound des brechenden und fließenden Eises.

Permafrost als Klimaindikator thematisiert Benedikt Partenheimer (DE) in seiner Fotoserie "Memories of the Future". Dabei mahnt er vor den fatalen globalen Folgen des drohenden Auftauens der gefrorenen Böden in Alaska. Verena Dengler (AT) präsentiert Fotografien und Aquarelle von ihrem Aufenthalt in Spitzbergen 2018: Stillgelegte Kohleminen und durch die Gletscherschmelzefreigelegte Felslandschaften zeichnen ein aktuelles Bild der Einflüsse der Klimaerwärmung und brachliegender Kohleminen.

Der Fotograf Sarker Protick (BD) widmetsich der Erosion der Flussufer des Ganges in seinem Heimatland Bangladesch. Justin Brice Guariglia (US) reflektiert mit seiner künstlerischen Arbeit das Anthropozän, die gegenwärtige geologische Epoche, in der menschliche Aktivitäten den dominierenden Einfluss auf Klima und Umwelt ausüben. Dafür arbeitet er etwa mit der NASA-Mission Oceans Melting Greenland zusammen, die untersucht, wie groß der Einfluss der Erwärmung der Ozeane auf die grönländische Eisschmelze ist. Auf die Verantwortung des Menschen für sein Tun spielen Nicole Six & Paul Petritsch (AT)in ihrer Videoarbeit "Räumliche Maßnahmen(1)" an, in der man eine Person beobachten kann, die mit einer Hacke auf die Eisoberfläche einschlägt, auf der sie steht. Am Ende der Ausstellung spielt Christina Seely (US) in einer Zweikanal-Videoinstallation auf den weltweiten Zusammenhang der Ökosysteme an, indem sie Aufnahmen des panamaischen Regenwaldes dem Grönländischen Eisschild gegenüberstellt.

Der Ausstellungstitel "Nach uns die Sintflut" ist dem ersten Band von "Das Kapital" (1867) von Karl Marx entnommen ("Après moi le deluge! ist der Wahlruf jedes Kapitalisten und jeder Kapitalistennation"). Bereits vor 150 Jahren hat er die menschliche Intervention als faktische Umweltzerstörung erkannt und unsere Gleichgültigkeit darüber zum Ausdruck gebracht. Er kritisiert ein Verhalten, das nur auf den eigenen, kurzfristigen Profit bedacht ist und die systemischen Zusammenhänge sowie dramatischen Folgen auf das gesamte Ökosystem ignoriert. Das Streben nach immer weiterem Wachstum entzieht der Menschheit ihre Lebensgrundlage. Die drastischen Auswirkungen des Eingreifens in die Natur sind auch an der aktuellen Covid-19-Krise ablesbar.

Nach uns die Sintflut
16. September 2020 bis 14. Februar 2021
Kuratorinnen: Sophie Haslinger und Verena Kaspar-Eisert

Kunst Haus Wien
Untere Weißgerberstraße 13
A - 1030 Wien

W: http://www.kunsthauswien.com/

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  •  16. September 2020 14. Februar 2021 /
Solmaz Daryani, aus der Serie: The Eyes of Earth (The Death of Lake Urmia), seit 2014 © Solmaz Daryani
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Nicole Six & Paul Petritsch, Räumliche Maßnahme (1), 2002 © Nicole Six & Paul Petritsch, Bildrecht, Wien, 2020
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Benoit Aquin, Berger à Wuwei, 2006, aus der Serie: The Chinese Dust Bowl, 2006-2009 © Benoit Aquin
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Anastasia Samoylova Roots, 2018, aus der Serie Floodzone, seit 2016 © Anastasia Samoylova, Courtesy: Anastasia Samoylova & Galerie Caroline O’Breen, Amsterdam
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