Anlässlich des 25. Todestages von Margarete Schütte-Lihotzky zeigt die Universität für angewandte Kunst Wien erstmals Entwürfe für Kindermöbel und Raritäten aus dem Nachlass der Architekturpionierin.
Mit der Ausstellung ermöglicht die Universität für angewandte Kunst Wien erstmals einen vertieften Blick auf die Skizzen, Vorstudien, (Detail-)Pläne und Visualisierungen zu den Entwürfen für Kindermöbel der Ikone der Architekturgeschichte: Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000) verließ 1930 gemeinsam mit ihrem Mann Wilhelm Schütte und zahlreichen Mitarbeitern der Brigade Ernst May Frankfurt am Main, um in der UdSSR zu arbeiten. Dort war sie bis zu ihrer Ausreise nach Paris 1937 am Moskauer Architekturinstitut unter Hannes Meyer tätig. Neben zahlreichen Entwürfen für Typenwohnungen und -kindergärten, Kindersanatorien und Schulbauten, für die sie zum Teil auch die Projektleitung übernahm, beschäftigte sie sich in den Jahren 1935-1937 vor allem mit detaillierten Entwürfen für Kindermöbel und einer Mustereinrichtung für Kinderkrippen.
Das heute an der Universität für angewandte Kunst Wien (Kunstsammlung und Archiv) verwahrte Material zu diesen Möbelentwürfen war ursprünglich für zwei nicht realisierte Publikationsprojekte vorgesehen: eine Forschungsarbeit mit Entwürfen zu Typenmobiliar für die Betreuung von Säuglingen in Kinderkrippen und ein wissenschaftlich begleitetes Vorlagenwerk mit Kindermöbeln für Wohnungen. Letzteres enthält Überlegungen zur Präsentation in Form einer - ebenfalls nicht realisierten - Musterausstellung, für die Schütte-Lihotzky ihre Entwürfe nummeriert, in Cluster gruppiert und nach Alters- und Anforderungsstufen kategorisiert.
Darüber hinaus veranschaulichen in der Ausstellung zahlreiche Fotografien, Archivalien, Briefe und Postkarten der Architektin als visuelle Kommentare ihre Perspektive auf den Aufbau der UdSSR in den 1930er Jahren. Der Entstehungsprozess des Materials zu den Kindermöbeln fällt in die Phase des so genannten "Großen Terrors" und ist im Hinblick auf die politischen und sozialen Spannungsverhältnisse besonders aufschlussreich. Anhand der Entwürfe und Überlegungen lässt sich nicht nur Schütte-Lihotzkys privates und öffentliches Gestaltungsverständnis nachvollziehen, sondern auch ihre komplexe und widersprüchliche Positionierung innerhalb der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit sichtbar machen.
Die Ausstellung Moskau Material begleitet den Prozess der weiteren Aufarbeitung und Erschließung des weit über 10.000 Objekte umfassenden Nachlasses der Architektin, der derzeit am Institut Kunstsammlung und Archiv der Universität für angewandte Kunst Wien im Rahmen eines Digitalisierungsprojektes durchgeführt wird.
Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000) ist weithin bekannt als erste Architektin Österreichs, als Pionierin des sozialen Wohnungsbaus, als Erfinderin der Frankfurter Küche, als Aktivistin der Frauenbewegung und nicht zuletzt als Heldin des Widerstands gegen die NS-Diktatur. Sie studierte von 1915 bis 1919 an der k. k. Kunstgewerbeschule in Wien, der heutigen Universität für angewandte Kunst Wien.
Moskauer Material.
Margarete Schütte-Lihotzkys Entwürfe für Kindermöbel.
8. März bis 5. April 2025