Modell Martin Kippenberger - Utopien für alle

Martin Kippenberger, einer der wichtigsten Künstler des späten 20. Jahrhunderts, faszinierte und polarisierte gleichermaßen Zeit seines Lebens. Der 1997 verstorbene Kippenberger war rebellisch und rotzig, unbelesen und, wie er selbst meinte, "un-verbildet", süchtig nach Menschen und Alkohol, Mau-Mau und Nudelauflauf, nach Liebe und guter Kunst.

Er kommentierte, redete pausenlos, war scharfsinnig und sehr klar in seinem meist vernichtenden Urteil. Sein Hang zur Selbstdarstellung, sein Ich stehen nicht nur oft im Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit, sondern sind auch häufig Thema seiner Ausstellungen. Doch Kippenbergers Kunst birgt nicht nur egozentrische Elemente, sie ist auch gespickt mit humanen Botschaften und moralischen Aufrufen. Er, der sich selbst als "Menschengärtner" bezeichnete und als großen Aufklärer verstand, glaubte auch an das Gute im Menschen und die Verbesserung der Welt.

Hier setzt auch die Ausstellung "Modell Martin Kippenberger. Utopien für alle" im Kunsthaus Graz an. Sie versteht den Künstler nicht als "Besserwisser", sondern eher als "Weltverbesserer" und nimmt seinen überaus scharfen Blick für Strukturen, Machtverhältnisse und Tabus ernst. Kippenbergers Vorstellungen eines Künstlers als Produzent, Kurator und Vermittler, der sich kreativ am Mitgestalten der Gesellschaft beteiligt, können als pragmatische Fortsetzung von Joseph Beuys sozialer Skulptur verstanden werden und entwickelten sich im Bewusstsein einer 1968er-Generation, die ernüchtert feststellen musste, dass sich die Zeiten grundlegend geändert und die großen Utopien überlebt hatten.

Insofern waren seine Utopien für alle weniger zukünftige als ständig angewandte, in deren Zentrum der Raum als Stätte der Vermittlung und des Austausches stand. Durchgespielt wurde eine Utopie der Alternative, die sich in architektonischen Skulpturen und Publikationen, Ausstellungen und Menschenkonstellationen niederschlug. Mit diesem Fokus zeigt die Ausstellung "Modell Martin Kippenberger. Utopien für alle" ein einzigartiges und zukunftsweisendes Modell künstlerisch-gesellschaftlichen Engagements, das den Künstler in die Reihe großer Vorbilder wie Joseph Beuys und Marcel Broodhaers stellt.


Modell Martin Kippenberger. Utopien für alle
15. September 2007 bis 6. Januar 2008