Merken Sie sich Agflation!

17. Dezember 2007 Kurt Bracharz
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Oft verschwinden neu erfundene Wörter schnell wieder im Orkus, aber das Wort "Agflation" wird man sich merken müssen. (Außer natürlich, das alte Wort "Hunger" erlebte in Mitteleuropa eine neue Hausse, bei der es dann einen wesentlich anderen Klang bekäme, als wenn man heute bei uns vom Hunger in Afrika redet.)

Agflation ist ein im Englischen schon verbreitetes, bei uns allmählich ins Feuilleton sickerndes Wort für eine Inflation, die vom Agrarsektor, also der globalen Landwirtschaft, ausgeht. Dass die Lebensmittel seit einiger Zeit teurer geworden sind und ständig teurer werden, würde ja kaum eine Wortschöpfung erfordern, sondern könnte einfach Inflation heißen, wenn ein Phänomen dabei nicht neu wäre: Jahrzehnte lang sind die Lebensmittelpreise trotz steigender Bevölkerungszahlen gefallen.

Das englische Magazin "Economist", das Anfang Dezember mit dem Titelbild eines angebissenen Toastbrots aufmachte, auf dem "The End of Cheap Food" eingebrannt war, zeigte eine Grafik mit dem Nahrungsmittelindex seit 1850, wobei die Kurve bis 1970 auf niedrigen Niveau fast gerade verläuft und dann stark ansteigt, auf mittlerem Niveau verharrt und ab 2005 neuerlich steil nach oben geht. Im Mai 2007 kostete beispielsweise eine Tonne Weizen 200 US-Dollar, im September dann schon 400.

Die Gründe dafür sind derzeit noch weniger der Klimawandel (der höchst wahrscheinlich verheerende Auswirkungen auf die Ernten haben wird) als vielmehr die wachsende Kaufkraft in asiatischen Staaten einerseits und der Anbau von Mais und anderen Nutzpflanzen für Biotreibstoffe andererseits.

Die wachsende Kaufkraft z. B. in China führt zu einem stark erhöhten Fleischkonsum, der seinerseits einen größeren Futtermittelanbau erfordert. Man braucht 3 Kilogramm Getreide, um 1 Kilogramm Schweinefleisch zu produzieren, bei Rindern ist das Verhältnis noch schlechter, nämlich 8:1. Am schlechtesten ist es allerdings bei Autos: Vom Mais für die Tankfüllung eines SUV mit Biotreibstoff könnte ein Mensch ein Jahr lang leben.