Menschenrechte deponiert

Was hat Kunst mit Menschenrechten zu tun? Ein Lokalaugenschein in der Innsbrucker Galerie artdepot, die derzeit groß- und kleinformatige Fotopanoramen von Lukas M. Hüller ausstellt, gibt Einblicke auf diese Frage.

Das Wiener MAK hat sein Depot im Gefechtsturm Arenbergpark, und es heißt: CAT Contemporary Art Tower (deutsche Website) bzw. MAK Depot of Contemporary Art (englische Website). Peter Noever strebt hier "einen innovativen und leistbaren Weg zur Realisierung und Finanzierung der internationalen Sammlung des 21. Jahrhunderts in Österreich" an: "Die Kunst entsteht vor Ort, und verbleibt unverrückbar in der Sammlung. So entsteht im Laufe von zehn bis fünfzehn Jahren eine Sammlung, die einzigartig für Österreich sein wird: Künstlerische Positionen werden vor Ort verwirklicht, damit wird der für Museen derzeit kaum leistbare Ankauf bestehender Kunstwerke obsolet. Die Wertsteigerung der so wachsenden Sammlung ist enorm: Bereits mit Fertigstellung eines Kunstwerks beträgt dessen Wert ein Vielfaches seiner Entstehungskosten."

Hier geht es also ganz offen um Kunstökonomie, Leistbarkeit von zeitgenössischer Kunst im Zeitalter der Damien Hirst, Richard Prince oder Luc Tuymans. Aber selbst für den, der sich die hochpreisigen High-Risk-Investments, die zeitgenössische Kunstwerke sind, leisten kann, bleibt die erworbene Sache als steuerpflichtige Wertanlage teuer. Hier setzen jene an, die empfehlen, Kunst nicht zu kaufen, sondern zu mieten. Denn gemietete Kunst ist als Betriebsausgabe steuerlich absetzbar. Bei Artempory (Düsseldorf) kann man also etwa Christo und Jeanne-Claude mieten. Nicht ganz so hoch greifen etwa Kunst4Business (Hohenems), Kunststücke für Unternehmen (Hamburg), Art Leasing (Vaduz) oder ARtrent (Zürich). Oder art2rent. Birgit Fraisl, die dieses Unternehmen seit einigen Jahren in Innsbruck aufzieht, sitzt quasi zwischen zwei Stühlen, auf denen Kunst am Bau und in Innsbruck die RLB Kunstbrücke Platz genommen haben.

Vielleicht wollte sich die unternehmungslustige Dame aber gar nicht bequem hinsetzen, sondern lieber auf einem Standbein balancieren. Seit 2008 steht sie nun auf zwei Beinen, sie hat nämlich im Stöcklgebäude in der Maximilianstraße 3 das artdepot eröffnet – ihr Spielbein sozusagen. Bespielt wird die 240 m2 große Galerie mit neun Ausstellungen zeitgenössischer KünstlerInnen pro Jahr. Derzeit gastiert Lukas M. Hüller mit einigen Objekten seines Human Rights Project vor Ort, andere Objekte finden sich – für die Dauer der Fußball-WM in Südafrika und etwas länger – im Wiener Museumsquartier und im Brüsseler European Quarter, nebst einer Foto-Installation in der Schottentor-U2, Wien. Nächstes Jahr wird die Schau im Mittelpunkt einer Ausstellung des Apartheidmuseums in Südafrika sein.

Dass der österreichische Fotokünstler, international bekannt und bepreist seit den 1990er Jahren durch sein inszenierte Rotationsfotografie-Zyklen, ausgerechnet im artdepot ausstellt, ist schon ein Ding. Wo es doch auch so etwas wie das Fotoforum West (derzeit: Renate Breth: Zeitzonen) oder das Foto Kunst Forum der BTV (derzeit: Jan Banning: Bureaucratics)oder die Galerie Elisabeth und Klaus Thoman (derzeit Fotoarbeiten von Jürgen Klauke) gibt. Hüllers großformatige Panoramafotos verbildlichen die 30 Artikel der Menschenrechte, Szenen, die gemeinsam mit den SchülerInnen des Ithuba Skills College in Johannesburg, Südafrika entwickelt wurden. Das Besondere an den Arbeiten: Hüllers Motive umspannen auf meterlangen Fotobahnen alle vier Himmelsrichtungen. Technisch möglich macht dies eine Rotationskamera, die mehrere 360-Grad-Drehungen erlaubt und so auch den Faktor Zeit sichtbar werden lässt.

Was derzeit im artdepot zu sehen ist, ist allemal ein Eye-Catcher, um es salopp auszudrücken. Genauer hinzuschauen lohnt freilich schon allein um der Sache willen. Was allgemein festzustellen ist: Noch erreicht das artdepot nicht die Publikumsfrequenz einer U-Bahn-Station. Dazu ist es viel zu sehr ein Ort der Musen. Wer die allerdings schätzt, sollte öfter vorbeikommen. (bs)

The Human Rights Project
Lukas Maximilian Hüller
mit Juliane R. Hauser & Artists für Human Rights
10. Juni bis 11. Juli 2010

artdepot
Maximilianstraße 3, 6020 Innsbruck

Öffnungszeiten:
Mo bis Fr 10 - 13 Uhr
Donnerstag 10 - 13, 16 - 20 Uhr