Menschenbilder

In der Zürcher Galerie Stephan Witschi sind unter dem Titel "Menschenbilder" bis 14. März neue Arbeiten des 1954 in Salzburg geborenen und seit langem in Wien lebenden und arbeitenden Malers Hermann Kremsmayer zu sehen. Es handelt sich dabei um Mischtechniken, die aus Ölfarben, Sanden und Farbpigmenten gefertigt werden, und welche die Auseinandersetzung mit den gestalterischen Möglichkeiten von Farben, Materialien und Strukturen als wesentliches Anliegen deutlich machen.

Kremsmayers Interesse gilt dem Menschen als Empfindungswesen. Die subjektive Befindlichkeit und das Vereinzelnde des Individuums in seinem Verhältnis zur objektiven Welt sind der Inhalt seiner Arbeiten. In seinem Bemühen um eine adäquate künstlerische Umsetzung hat er einen unverkennbar eigenständigen künstlerischen Weg eingeschlagen.

Der Wiener Krimi-Autor Stefan Slupetzky hat einen ganz persönlichen Text über Kremsmayer verfasst: "Der Kremsmayer ist eine vielschichtige Figur. Der Kremsmayer bewegt sich manchmal wie ein alter Mann, der am liebsten seine Ruhe will: Er krümmt den Rücken zu einem malerischen Buckel und runzelt die Stirn, dass ihm die Borsten in die Augen hängen. Durch diese Büschelgardinen schaut er missmutig in die Welt hinaus, ein wahrer Misanthropenblick ist das. Man merkt: Etwas geht in ihm vor.

Der Kremsmayer hat drei Arten zu lachen. Da ist zunächst das plötzliche, laute Gelächter, das er, den Kopf in den Nacken geworfen, gegen den Himmel schleudert. So lacht der Kremsmayer, wenn er betrunken ist. Dann das listige Lachen, breit und rund: Die Arme vor sich auf dem Tisch verschränkt, schenkt er es halb dem Gegenüber, halb sich selbst. So lacht der Kremsmayer, wenn er verschmitzten Herzens ist. Dann das zögernde Lachen: Das muss sich erst durch einen Dschungel von Gedanken kämpfen. Der Kremsmayer nickt mit dem Kopf, bevor er es lacht, er schüttelt es quasi aus sich heraus. Und schließlich das höfliche Lachen. Der Kremsmayer hat vier Arten zu lachen.

Der Kremsmayer ist immer fleckig. Und wenn es nur auf den Schuhen ist. Meistens ist aber auch seine Hose fleckig, sein Leiberl, seine Arme, seine Hände. Viele Maler sind fleckig auf eine Art, dass man merkt, sie malen sich gleich in der Früh selber an, damit nur ja alle wissen, dass sie Maler sind. Der Kremsmayer ist aber anders fleckig. Man spürt, es passiert ihm, es steckt keine Absicht dahinter.

Der Kremsmayer hat mir etwas Großes beigebracht. Man muss Behauptungen aufstellen. Man soll auch andere Künstler loben und wertschätzen. Die Geltung, die man den anderen verleiht, fällt auf einen zurück. Das hat alles der Kremsmayer gesagt.

Der Kremsmayer malt manchmal Bilder, die sind dreimal so hoch wie er selbst. Dann fuhrwerkt er in der Vertikalen, auf Leitern und Gerüsten balancierend wie ein selbstvergessener Äquilibrist, wie ein Gecko an der Hauswand. Man könnte meinen, er sei ein beweglicher Teil seiner eigenen Bilder. Und das ist er wohl auch: Weil der Kremsmayer malt, wie er ist. Er malt groß. Er malt rau. Er malt sanft. Er malt wüst. Er malt in vielen Schichten: Man weiß nicht immer, was dahinter steckt. Der Kremsmayer ist, wie er malt. Ich mag ihn sehr, den Kremsmayer."


Hermann Kremsmayer - Menschenbilder

bis 14. März 2008