Mein Freund Hans Leo

9. Februar 2011 Rosemarie Schmitt
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Ich habe bei Facebook Hans Leo kennengelernt und ich sage Ihnen ganz erhrlich, ich wusste nicht so recht, was ich von ihm halten sollte. Sie wissen ja, liebe Leser, Facebook und die dort gepflegten Freundschaften haben nicht den besten Ruf. Deshalb habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, bevor ich mit jemandem via Facebook anbandele, zunächst einmal ausführliche Recherchen anzustellen.

Und im Falle Hans Leo konnte ich einiges in Erfahrung bringen, zum Beispiel daß er eine stadtbekannte Pfeife ist oder war, ein Piffari also, und zwar in Augsburg. Hatte ich es mir doch gleich gedacht! Eigentlich ist er gebürtiger Nürnberger, wo er sich, fand ich heraus, in der Hauptsache kaufmännischer Geschäfte und der Entwicklung sowie der Herstellung von Musikautomaten gewidmet haben soll. Ha! Ein Musiker und Komponist soll er sein, und wissen Sie was, eine seiner Kompositionen nannte er gar "Lustgarten neuer teutscher Gesänge". Spontan ertappte ich mich bei der Vermutung, der Typ habe doch wohl nicht mehr alle Gurken im Glas, doch diesen Gedanken verwarf ich ebenso schnell wie auch beschämt, als ich erfuhr, daß Hans Leo bereits gestorben war.

An seinem Todestag im Sommer werde ich ganz sicher an ihn denken. Besonders im kommenden Jahr, denn am 8. Juni 2012 wird sich sein Todestag zum 400. Male jähren. Hans Leo Hassler war in der Tat ein deutscher Komponist, Uhrmacher und Verfertiger (so hieß es zu jener Zeit) von Musikautomaten, die in der Hauptsache Orgelautomaten waren. Er wurde 1564 geboren und war ein Zeitgenosse von Orlando di Lasso, dessen Name vielleicht etwas bekannter ist. Und er war ein ziemlich schräger Zeitgenosse, dieser Hans Leo Hassler. So besaß er, wie man kürzlich herausfand auch Johann Sebastian Bach, eine nicht unerhebliche Menge von Anteilen an größeren Kupfer- und Silberwerken. Er war, was man heute einen "Zocker" und einen "Hans Dampf in allen Gassen" nennen würde. Und überhaupt war Hans Leo ein ganz pfiffiger Kerl, denn er war tatsächlich ein stadtbekannter Piffari! Er war nämlich Leiter der Augsburger Stadtpfeifer (mit zwei, nicht mit vier f !).

Das Amt des Stadtpfeifers gehört zu den ältesten kulturellen Organisationen deutscher Städte. Bereits im frühen Mittelalter gab es in fast jedem deutschen Gemeinwesen einen Türmer, dessen Aufgabe war es jedoch nicht zu türmen, sondern zu wachen. Also war er quasi ein Wacher, oder aber ein wacher Türmer. So wachte er denn bei Tag und Nacht auf dem höchsten Turm der Stadt und warnte vor Feinden, Feuer und anderen Gefahren. Und in der Nacht gab er stündlich "Laut" um die Bürger wissen zu lassen, daß er nicht etwa schlief, sondern leis auf sie achtgab.

Man nannte die von Städten angestellten Musiker ab dem 14. Jahrhundert die Stadtpfeifer (ital. Piffari). Sie organisierten sich in Zünften als Pfeifer- oder auch als Pifferbrüder. Mitunter legten sie sogar den Pfeifereid ab, durften jedoch daraufhin die Stadt nicht mehr ohne Erlaubnis verlassen. Und die Augsburger Stadtpfeifer waren sogar festangestellte Musikanten der Stadt. So spielten sie auch zu offiziellen Anlässen und Empfängen wichtiger Gäste. Und auf diesen Posten wollten sie ungerne pfeiffen!

Wie ich eigentlich darauf komme, nach Hans Leo bei Facebook zu suchen? Nun, ich stolperte bei meinen Nachforschungen über diesen Eintrag. Der Grund ist eine CD des Labels "Et"Cetera" (Codaex), die ich mir anhörte. Hans Leo Hassler "Sacred and Secular Music" enthält Kompositionen aus der Zeit von 1590 bis hin zum Jahre 1612, dem Jahr, in dem Hassler starb. Eine Doppel-CD mit geistlichen Kompositionen auf der ersten, und weltlichen auf der zweiten CD. Auf der zweiten ist auch der "Lustgarten neuer teutscher Gesäng" zu finden. Und ich fand besonders diesen ausgesprochen ansprechend.

Auch wenn aus einer Facebook-Freundschaft zwischen Hans Leo und mir nun doch nichts mehr wird, seine Musik hat auf jeden Fall eine neue Freundin gefunden!

Viele Freunde wünscht Ihnen
herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt