Mehr als ZERO. Hans Bischoffshausen

Der 1927 in Feld am See geborene Kärntner Maler Hans Bischoffshausen zählt zu den wesentlichen Vertretern der österreichischen Nachkriegsavantgarde der 1950er- und 1960er-Jahre. Sein reduziertes, die Grenzen der Malerei auslotendes, materialbezogenes Schaffen hatte er im Zusammenhang mit seinen Reisen nach Italien und Frankreich bereits sehr früh entwickelt. Ausstellungsbesuche in den Galerien von Venedig und Mailand legten den Grundstein zu einer Kunst, die immer weiter die Grenzen der Malerei ertastete.

War sein Schaffen anfänglich noch von einer gestischen, abstrakten Malerei geprägt, fand er mit Materialien wie Sand, Zement, Lochungen oder Brandspuren eine neue Formensprache, die sich mit den Zusammenhängen von Schrift und Bild beschäftigte. Die Begegnung mit der Pariser ZERO-Bewegung ließ Bischoffshausen erste Erfahrungen mit der Monochromie machen. Das Bestreben von ZERO hatte einen von der -Stunde-Klarheit und Reinheit der Farbe konzentriert war. Bischoffshausens monochrome Strukturbilder sind Ausdruck seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Stille, über das er die Welt, so wie sie wirklich ist, zu begreifen versuchte.

In der ersten Ausstellung eines Wiener Bundesmuseums zu Bischoffshausen würdigt das Belvedere den Künstler vom 8. Oktober 2015 bis 14. Februar 2016 unter dem Titel "Mehr als ZERO. Hans Bischoffshausen". Die Schau in der Orangerie beschränkt sich nicht nur auf die ZERO-Periode Bischoffshausens, sondern präsentiert auch den Künstler, Schriftsteller, Essayisten und Kulturkritiker, der sich nach seinem Parisaufenthalt für eine kritische Kunst einsetzte und sich kulturpolitisch stark engagierte.

Die Ausstellung widmet sich einerseits den literarischen Schriften, den kunsttheoretischen Abhandlungen, den avancierten Kunst-am-Bau-Projekten und den bildnerischen Hauptwerken dieses Multitalents und bringt andererseits erstmals Werkgruppen Bischoffshausens erneut zusammen und macht die künstlerischen Wechselbeziehungen zu Malerkollegen aus Frankreich, Deutschland, Italien und Holland erfahrbar.

Die Freundschaft mit dem italienischen Avantgardekünstler Lucio Fontana, der durch seine Schnittbilder weltberühmt wurde, öffnete Bischoffshausens Werkbegriff, an dem er nach seinem Umzug nach Paris 1959 konsequent weiterarbeitete. Bischoffshausen fand rasch Eingang in die französische Künstlerszene. Der bildende Künstler und ZERO-Vertreter Bernard Aubertin wurde zu einem wichtigen Wegbegleiter. Zwischen 1962 und 1965 nahm Bischoffshausens Karriere einen intensiven Verlauf, Ausstellungen in Frankreich und Deutschland sowie Beteiligungen in Italien waren die Folge. Kontakte zur internationalen Künstlergruppierung NUL um Jan Schoonhoven ermöglichten ihm, auch in Holland künstlerisch zu reüssieren. Ebenso sind seine Freundschaften mit Herman de Vries oder Heinz Mack Thema der Ausstellung.

"Mehr als ZERO" ist auch die Erzählung über die Freundschaft und die beratende Zusammenarbeit zwischen Hans Bischoffshausen und dem Galeristenpaar Heide und Ernst Hildebrand zugrunde gelegt. Über 250 Dokumente, wie Briefe, Fotos und Ausstellungsfolder zeugen von der engen Beziehung der Galerie zum Künstler. Die Aufarbeitung des umfassenden Archivs von Ernst Hildebrand ist Basis der zur Ausstellung erscheinenden Publikation und damit Teil der fortlaufenden Forschung am Belvedere zur Kunst der Nachkriegszeit.

1961 eröffneten Heide und Ernst Hildebrand mit der Klagenfurter Galerie Wulfengasse 14 einen der ersten Kunstorte in Österreich, der Avantgardekunst zeigte. Das Ehepaar hatte Hans Bischoffshausen, der die Galerieeröffnung mit seinen Werken ausrichtete, 1957 bei seiner ersten Personale in der Galleria del Cavallino in Venedig kennengelernt. Kaum eine österreichische Galerie widmete sich zu dieser Zeit den ZERO-Künstlern. Daher präsentiert die Ausstellung im Belvedere wesentliche Künstler, die die Galerie damals ausstellte und mit denen Bischoffshausen und das Ehepaar Hildebrand eng verbunden waren. Dazu zählen Lucio Fontana, Yves Klein, Piero Manzoni, Jan Schoonhoven, Henk Peeters, Herrman des Vries und Bernard Aubertin.

Auch ein Auftrag für ein dreißig Meter langes Relieffries im damaligen Neubau der chirurgischen Abteilung im Landeskrankenhaus Klagenfurt, den der Architekt Ernst Hildebrand 1961 an Bischoffshausen erteilte, entstand im Zuge der Zusammenarbeit. Dieses aus zwölf Tafeln bestehende umfangmäßig größte Werk Bischoffshausens mit dem Titel wurde 2001 für eine Restaurierung entfernt und erst 2010 im Foyer des neuen Klinikums Klagenfurt wieder zugänglich gemacht.

Mit seiner Übersiedlung nach Paris begann für Hans Bischoffshausen eine neue Schaffensphase. Struktur, Monochromie und Reduktion bestimmten seine Arbeiten, und mit Weiß in Weiß angelegten Energiefeldern ging beschrieb der Künstler seine Intention. Sein Ideal war das Bild, das nicht mehr fotografierbar ist. Die wellig weichen, schwingenden, sich oft zu den Bildrändern hin verflüchtigenden Strukturen, bisweilen versehen mit angeschmorten Löchern und Brandstellen wie nach einer kultischen Verwendung, faszinieren damals wie heute. Seine Materialbilder entstanden, die Bildflächen wurden gelocht, gebrannt, die Bildinhalte auf das Wesentliche reduziert. Diese plastische Erweiterung der Bildfläche führte zur Auflösung der Trennung von Bild und Raum.

In all seinen reduzierten Strukturbildern formulierte der Künstler große Themenbereiche wie Raum, Zeit, Energie und Stille. Dass Stille für Hans Bischoffshausen eine Voraussetzung für jede Hinwendung zum Wesentlichen war, veranschaulicht seine einminütige Schweigeaktion in der ORF-Sendung Club 2 am 26. September 1979 anlässlich des Todes eines Künstlerfreundes. Das Schweigen führte vor Augen, dass dort, wo die Selbstinszenierung unserer Zivilisation im Vordergrund steht, weit und breit kein Hintergrund erkennbar ist. Mit seiner Rückkehr nach Kärnten 1960 wendete sich Bischoffshausen vorerst von der Farbe Weiß ab. Reliefbilder in Gold und Rot entstanden.

Ab 1975 setzte er sich mit der Kreuzform auseinander. Anfang der 1980er-Jahre kehrte der Künstler wieder zur Farbe Weiß zurück und vereinfachte seine künstlerischen Mittel. Er unternahm etliche Reisen, etwa nach Taiwan. Eindrücke dieser Reise verarbeitete er in der Serie Taiwan-Report. Immer stärker isolierte sich Bischoffshausen vom Kulturbetrieb, und seine letzten Lebensjahre waren besonders durch gesundheitliche Probleme gekennzeichnet. Die erhoffte Professur in Graz ging 1974 an Giselbert Hoke, die Verleihung des Professorentitels durch den Bundespräsidenten zwölf Jahre darauf war ein Jahr vor Bischoffshausens Tod eine sehr späte Anerkennung. Eine fortschreitende Sehnervzerstörung führte schließlich zur Erblindung. Am 19. Juni 1987 starb Hans Bischoffshausen in Villach.

Bei Hans Bischoffshausen bildeten Leben und Werk eine unverzichtbare Einheit. Stutz, wie er von seinen Freunden genannt wurde und womit er in frühen Jahren auch mehrmals seine Bilder signierte, lebte sein künstlerisches Programm mit all seinen Konsequenzen und zählt zu den unbequemsten und faszinierendsten Künstlerpersönlichkeiten Österreichs. Zeit seines Lebens entzog er sich mit radikalen Ansichten in Kunst- und Architekturfragen dem Geschmack der der sich in seiner Kunstauffassung jeder politischen oder gesellschaftlichen Vereinnahmung verweigerte.


Mehr als ZERO. Hans Bischoffshausen
8. Oktober 2015 bis 14. Februar 2016