Max Ernst, Zeichendieb

1964 taucht im Werk von Max Ernst erstmals eine Geheimschrift auf, die er für eine Serie von Grafiken zu Ehren des Amateur-Astronomen Ernst Wilhelm Leberecht Tempel (1821–1889) schuf. Sie erinnert an die frühen Experimente der Surrealisten mit der "écriture automatique" (Automatische Schrift) und ähnelt zugleich auf verblüffende Weise ägyptischen Hieroglyphen, wie sie sich auch auf dem Kalabscha-Tor am Eingang der Sammlung Scharf-Gerstenberg befinden. Hier begrüßt das berühmte Tempeltor die Ausstellungsbesucher, bis es nach Fertigstellung des letzten Pergamon-Flügels auf die Museumsinsel ziehen kann.

Die Ausstellung "Max Ernst, Zeichendieb" nimmt die Präsenz des Tores zum Anlass, einige typische Elemente und Themen im Werk von Max Ernst zu beleuchten. Nicht wenige von ihnen sind ausgeborgt: Sie durchziehen unsere Kunst- und Bildgeschichte und lassen sich mitunter bis auf die Kunst der alten Ägypter zurückverfolgen. Tatsächlich sind die in Max Ernsts Collagen, Frottagen oder Grattagen auftauchenden Bilder und Zeichen selten von ihm selbst erfunden. Seine Spuren sorgsam verwischend, generiert Max Ernst sie aus dem Bilderreservoir einer bereits vorhandenen Welt, um ihnen mit diebischer Freude neue, surrealen Botschaften unterzuschieben.

Neben Werken aus der Sammlung der Nationalgalerie, wie das selten gezeigte großformatige Gemälde "Der Erwählte des Bösen" von 1937, zeigt die Ausstellung Leihgaben aus dem Max Ernst Museum Brühl des LVR, dem Centre Pompidou in Paris, der Hans Arp Stiftung in Berlin, privaten Leihgebern sowie vom Kupferstichkabinett und vom Ägyptischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin.


Max Ernst, Zeichendieb
6. Dezember 2018 bis 28. April 2019
Eröffnung: Mi 5. Dezember 18, 19 Uhr