Max Beckmann - Kleine Stilleben

1912 fechten Franz Marc und Max Beckmann eine theoretische Kontroverse in der Zeitschrift PAN aus. Sie schärft den Blick für die fundamental unterschiedliche künstlerische Praxis der beiden Maler: Franz Marc komponiert seine Werke sorgfältig und lässt die lineare Grundstruktur, die er mit Farbe "füllt", sichtbar in den Vordergrund treten.

Max Beckmann pflegt demgegenüber einen malerischen Stil mit Sinn "für den pfirsichfarbenen Schimmer einer Haut, für den Glanz eines Nagels, für das künstlerisch Sinnliche, … das nicht nur in der Fläche, sondern auch in der Tiefe liegt." Dieser charakteristischen sinnlichen Präsenz der Malerei Beckmanns soll die Ausstellung seiner kleinformatigen Stillleben im Franz Marc Museum gewidmet sein, die, im Gegensatz zu den größeren "allegorischen" Stillleben wie Seitenblicke in die private Welt des Malers erscheinen und wie eine stumme Zeugenschaft der vergänglichen, individuellen Existenz Beckmanns wirken.

Franz Marc und Max Beckmann dürfen als Vertreter einer Moderne gelten, die wir zwar als "klassisch" bezeichnen, deren Hauptcharakterzug jedoch in ihrem Bruch mit der akademischen Tradition der europäischen Malerei seit der Renaissance gesehen wird. Das Aufgeben der Zentralperspektive bei der Konstruktion des Bildraums, das Verwerfen einer illusionistischen Wiedergabe der Realität, der Verzicht auf die Idealisierung des Menschen gehören ebenso zu diesem radikalen Neubeginn wie ein völlig neuer Umgang mit den malerischen und zeichnerischen Mitteln.

Die Gesetze der Wahrnehmung werden neu definiert und das Schönheitsempfinden wandelt sich ebenso wie die Gewichtung moralischer Kategorien. Vor dem Hintergrund dieser "tabula rasa" erscheinen die Vertreter der Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einem kompromisslosen Innovationsstreben verbunden. In der Nahsicht kristallisieren sich jedoch individuelle künstlerische Positionen heraus, die vor diesem gemeinsamen Anspruch in offenem Gegensatz zueinander stehen. So begegnen Franz Marc und Max Beckmann sich 1912 in einer theoretischen Kontroverse, in der die beiden Künstler das "Neue" der zeitgenössischen Malerei jeweils sehr unterschiedlich definieren.

Das Franz Marc Museum in Kochel zeigt nun die erste Ausstellung von Max Beckmann, die sich nur seinen Stillleben widmet. Es konnten 27 Leihgaben, davon die Hälfte selten zu sehende Werke aus Privatsammlungen, gewonnen werden. Zur Ausstellung erscheint ein aufwendiger Katalog, Hrsg. Cathrin Klingsoehr-Leroy und Nina Peter, mit Texten von Cathrin Klingsoehr-Leroy, Konrad Renger, Carla Schulz-Hoffmann und Nina Peter. 112 S., alle Exponate sind ganzseitig und farbig abgebildet.

Max Beckmann - Kleine Stilleben
16. Juni bis 6. Oktober 2013