Matthias Wyss im Aargauer Kunsthaus

Mit Matthias Wyss (*1985) wird das Ausstellungsformat "Caravan" im Jahr 2014 eröffnet. Der in Biel lebende und arbeitende Künstler ist bis anhin in erster Linie durch seine Zyklen von kleinformatigen und dichten Bleistiftzeichnungen bekannt geworden. Da Matthias Wyss einen medialen Wechsel vom zeichnerischen zum malerischen Schaffen vollzogen hat, fokussiert die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus auf die jüngst realisierten Malereiarbeiten.

Ein Charakteristikum des Schaffens von Matthias Wyss ist die Integration von scheinbar unvereinbaren Gegenständen, Gestalten und Tierwesen in einem Werk. Durch diese ungewöhnlichen Kombinationen erschafft er überaus reiche und komplexe Welten in einer eigenwilligen Bildsprache. Die Kompositionen überfordern durch ihre Komplexität und Dichte, laden dessen ungeachtet zum Eintauchen ein und eröffnen zahllose Erzählungen. Den Betrachtenden wird ein grosses Mass an Konzentration abverlangt, da sie zum genauen Hinschauen angehalten werden. Das Universum des Künstlers löst ambivalente Gefühle aus: Die Bilder sind zugleich vertraut und erschreckend, alltäglich und fantastisch, ausgewogen und überladen, paradiesisch und grausig.

Die Sujets für sein Schaffen findet der Künstler überall. Er schöpft sie aus persönlichen Themen, jedoch auch aus belanglosen Alltäglichkeiten. Matthias Wyss erarbeitet die Kompositionen ohne Skizzen, Vorzeichnungen oder festgelegten Plan. Er stellt sich bei jeder Arbeit neu vor die Aufgabe, scheinbar unvereinbare Motive auf einem Bild zu vereinen. Der Entstehungsprozess beinhaltet Festhalten, Verbinden, Auslöschen in einem Wechsel und treibt den Künstler an, bis die Inhalte eine mögliche Form erhalten haben. Nicht ein Traum leitet Matthias Wyss, sondern die spezifischen Gesetzmässigkeiten des jeweiligen Mediums.

Die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus legt den Fokus auf seine jüngst geschaffenen mittelformatigen Malereiarbeiten, berücksichtigt aber auch Matthias Wyss" intensive Beschäftigung mit dem Medium der Zeichnung. Nach der Zusammenfassung von fünf Skizzenbüchern in der Publikation "Dschungel. Erstes Buch" (2006) und dem Zyklus "Tageslicht" (2011-2013) sind die Bleistiftzeichnungen in den Augen des Künstlers soweit perfektioniert, dass er sich einem anderen Medium zuwenden will. Mit grösseren Formaten und dem Einsatz von Farben überträgt er die Zeichnung in die Malerei.

Diese mediale Verschiebung fordert ihn heraus, weil es eine neue Bildsprache zu entwickeln gilt. Als weitere Neuerung versieht Matthias Wyss die malerischen Werke mit Titeln und verleiht ihnen dadurch mehr Gewicht als noch den einzelnen Zeichnungen, die er in Zyklen zusammenfasste. Lag die Konzentration bei den Bleistiftzeichnungen auf verschiedenen Abstufungen bzw. Schattierungen des Graphits, so bringt das Medium der Ölfarbe die Auseinandersetzung mit der Farbgebung mit sich. Die Farbpalette bewegt sich zwischen gedämpften rot-braun bis grau-blau Tönen und einzeln gesetzten Akzenten von Blau, Rot, Weiss. Die Farbe wird Schicht für Schicht in Lasuren in ruhiger und glatter Malweise aufgetragen. Der Pinselduktus steht in starkem Kontrast zur Dynamik der Kompositionen, ineinander-geschlungenen Figuren und übereinander gelagerten Bildebenen.

Neben dem Wechsel des Mediums vollzieht sich eine inhaltliche Veränderung, die sich bereits in seinen Arbeiten des Zyklus Tageslicht ankündigt. Seine Zeichnungen rufen Werke alter Meister, Hieronymus Bosch und Pieter Bruegel d.Ä., wach. Ihnen gleich ringt Matthias Wyss um die Schaffung einer aktuellen, eigenständigen Bildsprache. Dies gelingt ihm durch die Einbettung von Alltagselementen wie Zügen, Einkaufswagen, Automobilen in bekannte alltägliche Szenen. Durch diese Situierung im Hier und Jetzt gewinnen gesellschaftskritische Themen an Bedeutung und die fantastischen Aspekte seiner Zeichnungen rücken in den Hintergrund.

Matthias Wyss, 1985 in Hessigkofen/SO geboren, lebt und arbeitet in Biel. Von 2002 bis 2005 absolvierte er die Fachklasse für Grafik an der Schule für Gestaltung Biel. Gleich nach der Ausbildung hat Matthias Wyss eine Zeichnungsserie in Buchform unter dem Titel Dschungel. Erstes Buch (2006) präsentiert. Er wurde 2006 am Swiss Art Awards mit dem Eidgenössischen Preis Kunst geehrt und erhielt 2013 den Hauptpreis des Louise Aeschlimann und Margareta Corti-Stipendiums.

Caravan 1/2014: Matthias Wyss
Ausstellungsreihe für junge Kunst
25. Januar bis 21. April 2014