Massai - Der große Apache

Robert Aldrichs 1954 in Technicolor gedrehter Western gehört zu den ersten Filmen, die einen Perspektivenwechsel vornehmen und aus der Sicht der amerikanischen Ureinwohner auf die Weißen blicken. Der Klassiker ist bei Koch Media in der Reihe Western Legenden auf DVD und Blu-ray erschienen.
Wenn der teilweise auf historischen Tatsachen beruhende Film beginnt ist der Kampf zwischen den weißen Eroberern und den amerikanischen Ureinwohnern schon entschieden. 1886 ergeben sich die Apachen unter ihrem Häuptling Geronimo der weißen Übermacht und bitten um Frieden, nur der junge Massai (Burt Lancaster) will Widerstand leisten, wird aber überwältigt. Um keinen Helden zu machen, erschießen die Weißen ihn aber nicht.
Ist die Perspektive von "Massai" bei diesem Auftakt noch neutral, so stellt sich Robert Aldrich entschieden auf die Seite der Indianer, wenn er zeigt, wie die Männer des Stammes vom Südwesten der USA in Güterwaggons nach Florida deportiert werden, während Frauen, Alte und Kinder in Zwangsarbeit Straßen bauen müssen. Durchaus Assoziationen an den Nationalsozialismus können diese Szenen wecken.
Massai entkommt aber aus dem Zug und lernt, als er auf seiner langen Flucht auch durch Saint Louis kommt, eine ihm völlig fremde Zivilisation kennen. In einer langen Kamerafahrt lässt Aldrich den Zuschauer mit den Augen des verstörten Indianer auf Geschäfte und Restaurants, eine von Chinesen betriebene Wäscherei oder einen Klavierspieler blicken. Als der Fremde von Weißen entdeckt wird, wird er zunächst verspottet, dann verfolgt und kommt schließlich zu einem Cherokee-Indianer, der seßhaft geworden ist, eine Farm errichtet hat und Mais anbaut. Dem Kampf gegen die Weißen wird damit ebenso eine Alternative gegenübergestellt wie der erzwungenen Unterordnung.
Gleichrangig fühlt sich dieser Indianer gegenüber den Weißen, fühlt sich als freier und unabhängiger Mann, nicht thematisiert wird aber, inwieweit er dafür seine Identität aufgegeben hat. Als Massai zu den Überlebenden seines Stammes zurückkehrt, bringt er auch die Idee von so einer Farm mit, doch als er vom Häuptling, der von den Weißen in den Alkoholismus getrieben wurde, verraten wird, verwirft er diesen Gedanken und sieht seinen einzigen Lebenssinn im Kampf gegen die Unterdrücker.
Mit Sabotageakten stiftet er Unruhe, entführt bald die Tochter des Häuptlings, von der er glaubt, dass sie ihn zusammen mit ihrem Vater verraten habe, bis doch die Liebe durchbricht. Ist das Paar zunächst auf der Flucht, bewegt die Frau Massai doch zu Ackerbau und Seßhaftigkeit, als sie schwanger wird.
Die Indianer werden mit Burt Lancaster und Jean Peters zwar von Weißen gespielt, doch nichts ändert das am bitteren und hoffnungslosen Blick Aldrichs auf das Schicksal der Ureinwohner. Wie 18 Jahre später nochmals in "Keine Gnade für Ulzana" rechnet er scharf mit dem Zynismus, dem Machtstreben und der Gewalt der Weißen ab.
Aldrich wollte den Film folglich auch tragisch mit der Erschießung des Helden enden lassen, doch vom Produzenten Harold Hecht wurde ihm ein Happy-End aufgezwungen, mit dem die Domestizierung des rebellischen Indianers und sein Wandel vom Krieger zum Bauern und Familienvater als positive Entwicklung dargestellt wird.
Über das historische Geschehen heraus erzählt der bildstarke und auch mit prächtigen Landschaftsaufnahmen punktende Western dabei zeitlos und universell von Zwängen und dem Streben des Individuums nach Freiheit. Auch in dieser Hinsicht ist Aldrichs Kommentar unter Berücksichtigung des ursprünglich geplanten Endes freilich pessimistisch, denn kein Platz scheint es in dieser Welt oder im heutigen Amerika für Individualisten zu geben. Wer sich nicht unterordnet und eingliedert, wird gejagt und getötet.
An Sprachversionen bieten die bei Koch Media als 53. Titel in der Reihe Western-Legenden erschienene DVD und Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie Untertitel in diesen beiden Sprachen. Die Extras umfassen den englischen und deutschen Trailer, eine Bildergalerie und ein Booklet.
Trailer zu "Massai - Der große Apache"