Das Ferdinandeum in Innsbruck widmet einer der bedeutendsten Künstlerinnen unserer Zeit eine Ausstellung, indem es deren Zeichnungen in den Mittelpunkt rückt.
Mit herausragenden Selbstporträts hat sich Maria Lassnig in der Kunstwelt einen Namen gemacht. Ihre Werke drehen sich um Körper, Wahrnehmungen und Empfindungen. Vor diesem Hintergrund legt die neue Ausstellung im Ferdinandeum das Augenmerk auf einen bisher weniger beachteten Teil ihres Schaffens: Maria Lassnigs Zeichnungen. Unmittelbar machen sie eine einzigartige künstlerische Herangehensweise nachvollziehbar, befördern aber auch bislang kaum bekannte literarische Stärken der Künstlerin zu Tage. Eine besondere Verbindung nach Innsbruck besteht dabei nicht zuletzt aufgrund des Österreichischen Grafikwettbewerbs, der lange Zeit von den Tiroler Landesmuseen organisiert wurde und Lassnig als Hauptpreisträgerin ehrte.
Maria Lassnig zählt zu den bedeutendsten Künstler:innen der Österreichischen Moderne. Ihre Werke wurden vielfach im Rahmen internationaler Ausstellungen gewürdigt, denen sich im Sommer 2022 auch das Ferdinandeum anschließt. Der Fokus der Innsbrucker Schau ist allerdings ein besonderer, denn er betrifft in erster Linie Maria Lassnigs Zeichnungen.
Die Arbeiten auf Papier spiegeln unmittelbar die Herangehensweise der Künstlerin an ihre Werke wider: Dargestellt sind vor allem Körper und Teile des Körpers. Flüchtige Empfindungen werden mit großer Präzision festgehalten. Während der Umsetzung der Zeichnungen nahm die Künstlerin immer wieder unterschiedliche Körperhaltungen ein und suchte nach neuen Darstellungen des Leibes. In mehreren Arbeiten ließ sie ihn mit der sinnlichen Umwelt von Gegenständen, Tieren oder Menschen verschmelzen.
Lassnig empfand den Körper als Grenze zwischen Innen und Außen. Ihr intensives körperliches Fühlen stellte den Schlüssel zur Wahrnehmung der Welt dar. Dass ihr Körperbewusstsein gleichermaßen auch ihr künstlerisches Schaffen leitete, wird selten so deutlich, wie in den Zeichnungen.
Verstärkt wird dieser Eindruck bei vielen der ausgestellten Blätter durch die darauf vermerkten Zitate. So hebt auch die Schau die schriftlichen Anmerkungen der Künstlerin hervor und würdigt die bisher unbekannten literarischen Qualitäten, die darin zum Ausdruck kommen.
Entlang an den Zeichnungen und Sätzen sowie ausgesuchten Gemälden und Filmen, lässt sich schließlich eine Künstler*innenbiografie nachverfolgen, die ihresgleichen sucht. Mit ihrem Werk prägte Lassnig Kunstbegriffe wie Körpergefühl und Body Awareness. Internationaler Ruhm kam der Künstlerin zwar erst in den 1980er-Jahren zu, als sie zur Biennale in Venedig und zur documenta in Kassel eingeladen wurde, doch sowohl die Arbeiten aus der Zeit davor und danach zeugen von interessanten künstlerischen Entwicklungen, die gegenwärtig von höchster Relevanz sind.
Maria Lassnig steht auch in besonderer Verbindung zu Innsbruck: In jüngeren Jahren konnte sie nach dem Zweiten Weltkrieg die französische Avantgarde bei den Ausstellungen des Institut Francais d’Innsbruck kennenlernen. 1973 wurde Lassnigs erste Animationsfilme in der Stadt präsentiert und in den 1960er-Jahren gewann sie hier als eine der ersten Frauen den Österreichischen Grafikwettbewerb. Der Wettbewerb wurde damals von den Tiroler Landesmuseen ausgetragen und Lassnigs Zeichnungen gelangten in den Museumsbestand. Allesamt werden in der neuen Ausstellung neben Werken aus dem Bestand der Maria Lassnig Stiftung in Wien, in deren Kooperation die Schau konzipiert wurde, präsentiert.
Maria Lassnig
24. Juni bis 2. Oktober 2022