Manor Kunstpreis - Mahtola Wittmer

Mahtola Wittmer erhielt mit dem Manor Kunstpreis einen der wichtigsten Schweizer Förderpreise für bildende Kunst. Für die Ausstellung "Back to Back" hat sie eine völlig neue Werkgruppe entwickelt. Während sie bisher vor allem Zeichnungen zur Entwicklung und Reflexion von Werken einsetzte, präsentiert sie mit "Kopf an Kopf" erstmals eine umfangreiche Grafikserie.

Für " Kopf an Kopf " verbindet die Künstlerin farbliche und thematische Reduktion mit technischer Vielfalt und Experimentierfreude. Sie trägt Graphitstaub, Spray, Gouache, Kohle oder Bleistift auf und arbeitet mit Monotypien. Mit speziellen Druckplatten überträgt Mahtola Wittmer (*1993) Strukturen und Motive wie Haarlocken oder Hände. Zudem verwendet sie Alltagsgegenstände aus Haushalt, Garten und Atelier als Negativformen und erzeugt damit Augen und Münder, Falten, vernarbte Haut oder ein Gedankengewitter, das durch den Kopf zu blitzen scheint. Auf über tausend Blättern und großformatigen Leinwänden hat die Künstlerin so Gesichter geschaffen. Ein ovaler Umriss bestimmt fast alle Bilder und ist in der Masse schon als Kopf zu deuten. Bei manchen kommt ein Punkt als Auge hinzu, ein Strich als Nase oder der Abdruck einer Haarsträhne, die sich als kokette Locke über das Gesicht legt, während ein schneller Pinselstrich eine Rundung als lachenden Mund zeichnet. Die Köpfe blicken amüsiert, verblüfft, erschrocken, ernst, gelangweilt oder verträumt. Sie sind meist kahl, manchmal verschleiert und immer wieder verwundet. In der Ausstellung "Back to Back" präsentiert Mahtola Wittmer die Köpfe dicht an dicht als Masse, die von den Wänden blickt. Tischtennis-Trainingsmaschinen sind auf Podesten im Raum montiert, so dass sie als menschliches Gegenüber assoziiert werden können. Die Bälle, die diese Maschinen in den Raum spucken, werden zu Wörtern, die dem Publikum zugeworfen werden.

Dabei wirken die Trainingsroboter wie automatisierte Performer:innen, deren Tun eine gewisse Sinnlosigkeit anhaftet: Sie beginnen immer wieder von neuem, entleeren sich, erschöpfen sich. Die Maschinen können auch stellvertretend für die Künstlerin gelesen werden, die sich in einer Performance verausgabt und sich gleichzeitig dem Publikum und seinen positiven und negativen Reaktionen stellt. Jeder Auftritt, jede Präsentation ist mit Leistungsdruck und der Möglichkeit des Scheiterns verbunden. Die Anforderungen, die heute an Frauen gestellt werden, insbesondere die permanente Verfügbarkeit in allen Bereichen, sind ein wichtiges Thema in Mahtola Wittmers Arbeit. Hintergrund sind unter anderem die Publikationen der feministischen Autorin Franziska Schutzbach wie "Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit" oder die Theorien der Politikwissenschaftlerin Katharina Debus, die von der "Allzuständigkeit der Frauen" spricht.

Mahtola Wittmers Werk ist auch im neuen Medium der Druckgrafik stets figurativ; im Mittelpunkt steht die menschliche Figur, ihre Mimik und Emotionen, ihre Beziehungen und Interaktionen. Die Künstlerin schafft klare, starke Bilder, die Emotionen transportieren und von Ängsten oder Sorgen erzählen. Ihre Bildfindungen thematisieren alltägliche Schwierigkeiten oder vermitteln allzu menschliche Unzulänglichkeiten, jedoch immer mit einer heiteren Leichtigkeit.

Mahtola Wittmer
back to back
Manor Kunstpreis Zentralschweiz Luzern
bis 16. Februar 2025
kuratiert von Eveline Suter