Manfred Egender - Arbeiten auf Gips

In der Bludenzer Galerie allerArt, die neu „Kunstraum Remise“ heißt, hat eine Wachablöse stattgefunden. Nachdem der Kuratorenvertrag mit dem 1954 in Schnepfau (Bregenzerwald) geborenen Künstler Manfred Egender Ende des vergangenen Jahres ausgelaufen ist, hat Luka Jana Berchtold die Programmverantwortung für den Kunstraum übernommen. Und da es ein ungeschriebenes Gesetz des Vereins allerArt ist, dass der Vorgänger oder die Vorgängerin einer neuen Kuratorenschaft mit einer Einzelausstellung geehrt wird, startet Berchtold mit der Präsentation eines Werkquerschnittes Egenders in ihr neues Amt.

Manfred Egender übertitelt seine Einzelausstellung mit „Ca[SO4]·2H2O1“. Bei diesem kryptischen Titel handelt es sich um eine chemische Formel, die nichts anderes als „Calciumsulfat-Dihydrat“ oder einfach gesagt „Gips“ bezeichnet.

Bei Egender ist die experimentelle Verwendung von Bildträgern längst zu einer Art Markenzeichen geworden. Gummi, PVC und Industrieplatten hat er in den vergangenen Jahrzehnten genauso als Trägermaterialien eingesetzt wie etwa auch Astraglas, Gummi und Gips. Das Pendel schwingt bei ihm permanent zwischen unterschiedlichsten Material- und Formalebenen hin und her. Mit Gips setzt sich der Künstler – mit Unterbrechungen – bereits seit den frühen 1990er Jahren auseinander. Die starke Körperlichkeit von Gips verleiht seinen Werken einen skulpturalen, ja fast architektonischen Charakter. Man könnte von einem Balanceakt zwischen Form, Farbe, Skulptur und Architektur sprechen.

Im Kunstraum Remise zeigt Egender rund fünfzehn Arbeiten auf Gips. Ältere sind genauso darunter wie neuere und ganz neue. Blickfang ist ein zentrales Großformat, um das handliche kleinere Formate angeordnet sind.

Die kuratierende Künstlerin Luka Jana Berchtold: „Von jeher wurde Gips von Bildhauer:innen zur Erstellung von Modellen für Bronze- oder Steinskulpturen, als Abgussform oder Skizze verwendet. In dieser Ausstellung behauptet sich Gips als eigenständiges und vorherrschendes Material und überwindet endgültig seinen Status als reines Hilfsmittel.“

Bei manchen dieser Exponate durchtränkt die verdünnte Acrylfarbe die Oberfläche des Trägers und verschränkt sich mit dem Gips zu einer festen Einheit. Dann wieder hinterlässt der Pinsel einfach mäandernde Linien oder Spuren, erzeugt schleiernde Geflechte, die Tiefe erahnen lassen. Oder der Künstler legte mehrere Farbschichten übereinander, die durch Abreibevorgänge rasterähnliche Farbstrukturen evozieren.

Nochmals die kuratierende Künstlerin: „Der Großteil der zu sehenden Arbeiten ist mit 'o.T.' betitelt. Um uns Raum für Interpretationen zu lassen, um über die Stofflichkeit der Bilder nachzudenken, geometrische Formen zu entdecken und in Aussparungen zu verlieren. Jede Aussparung, jeder Bruch im Material ist eine Zeichnung.“

Manfred Egender studierte von 1974 bis 1979 an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien bei Oswald Oberhuber. Er lebt und arbeitet heute in Feldkirch und Bregenz. Im ehemaligen Areal der Elektra Bregenz in Bregenz Vorkloster verfügt er derzeit über ein großes Atelier, im dem er sein gesamtes Schaffen auf einer riesigen Fläche ausbreiten und unkonventionell präsentieren kann. Über viele Jahre war er im Vorstand der Berufsvereinigung Bildender Künstler Vorarlbergs aktiv. Er erhielt mehrere Auslandsstipendien, unter anderem für die Hochschule der Künste Berlin.

Luka Jana Berchtold, die wie Egender im Bregenzerwald aufwuchs, markiert gleichsam einen Generationenwechsel in der Kurator:innenschaft des Kunstraums Remise. Berchtold wurde 1990 geboren und studierte in Wien an der Akademie der bildenden Künste und an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Es sei ihr ein großes Anliegen, sowohl Werke von etablierten als auch weniger etablierten Kunstschaffenden zu präsentieren, betont sie.
So wie ihr erstes Programmjahr mit einer Vorarlberger Position beginnt, klingt es mit einer Werkschau der 1985 in Feldkirch geborenen Künstlerin Melanie Ebenhoch ebenfalls mit einem Vorarlberger Statement aus. Dazwischen sind Ausstellungen der Oberösterreicherin Magdalena Forster, des deutsch-ungarischen Künstlerduos Tina Kult & Agnes Varnai (T(n)C), der deutschen Bildhauerin Liesl Raff sowie die Präsentation der Kunstankäufe des Landes Vorarlberg 2022 angesagt. Laut Luka Jana Berchtold spiegeln Generationen Zeit. Die von ihr nach Bludenz gebrachten Positionen seien zwischen 1991 und 1954 geboren, seien etabliert oder aufstrebend, sollen miteinander in einen Dialog treten und ein breites mediales Spektrum abdecken.

Manfred Egender: „Ca[SO4]·2H2O1
13. Jänner bis 26. Februar 2023
Vernissage: 12.01., 20.00 Uhr
Mi-So u. Fe 15.00 – 18.00 Uhr
Kuratorin: Luka Jana Berchtold