Malerin der "Verschollenen Generation"

Das Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen präsentiert vom 1. März bis zum 3. Mai mit rund 80 Werken von Elfriede Lohse-Wächtler einen umfassenden Überblick über das Lebenswerk der Malerin. Elfriede Lohse-Wächtler (1899-1940) wie Paula Modersohn-Becker in Dresden geboren, war eine virtuose Künstlerin, die ihrer Zeit mit delikater Farbigkeit und schonungsloser Hingabe an die Realität den Spiegel vorhielt. Ihr Leben war geprägt von Schicksalsschlägen und wurde früh durch das NS-Regime beendet.

Nach dem Besuch der königlichen Kunstgewerbeschule in Dresden schloss sie sich zunächst den expressionistischen Künstlern der Dresdner Sezession an. 1925 kam sie mit ihrem Mann nach Hamburg und fand hier ihren eigenen Stil. Zwischen Expressivität und Neuer Sachlichkeit schildern ihre Zeichnungen ihr eigenes Ringen um eine künstlerische Existenz.

Nach einem Nervenzusammenbruch infolge materieller und partnerschaftlicher Probleme wird Elfriede Lohse-Wächtler 1929 erstmals in die Psychiatrie Hamburg-Friedrichsberg eingewiesen. Hier zeichnet sie unermüdlich. Die "Friedrichsberger Köpfe" finden schließlich ihren Weg in Hamburger Galerien und machen Sammler und Kritiker auf das große Talent Lohse-Wächtlers aufmerksam: "Elfriede Lohse-Wächtler ragt gegenüber dem heutigen Plätscher-Niveau empor – sie ist entschieden eine Entdeckung", urteilt der Hamburger Anzeiger im Mai 1929.

Mit der künstlerischen Anerkennung beginnt die intensivste Schaffensphase der Zeichnerin. Mindestens 18 Selbstbildnisse aus den Jahren 1929 bis 1931 sind bekannt, in denen Elfriede Lohse-Wächtler sich immer wieder selbst befragt. Der Stil ihrer Zeichnungen wird mit Arbeiten Kokoschkas verglichen, die Hamburger Kunsthalle und das Museum für Kunst und Gewerbe erwerben ihre Blätter. Zeitgleich verstärken sich jedoch die materiellen und psychischen Probleme der Künstlerin, sie schläft zeitweilig in Bahnhofswartehallen und gerät an den Rand der Gesellschaft.

1931 kehrt sie nach Dresden zurück, um erneut bei ihren Eltern zu leben. Im folgenden Jahr verschlimmert sich ihr Gesundheitszustand so stark, dass sie in die Psychiatrische Anstalt Arnsdorf eingeliefert wird. Auch hier arbeitet sie intensiv weiter, es entstehen Patientenstudien und Szenen aus dem Krankenhausalltag. 1935 wird sie Opfer des nationalsozialistischen Gesetzes zur "Verhütung erbkranken Nachwuchses": Sie wird zwangssterilisiert. Dieser Eingriff verändert sie völlig. Sie hört auf zu malen und zieht sich ganz in sich selbst zurück. 1940 wird sie nach Pirna-Sonnenstein deportiert, wo sie durch das nationalsozialistische "Euthanasieprogramm" ermordet wird.


Zur Ausstellung ist im Wasmuth-Verlag ein reich illustrierter Katalog erschienen, in dem alle Werke aus der Ausstellung farbig abgebildet sind. Im Museum kostet der Katalog EUR 19,80; im Buchhandel ist er für EUR 24,80 erhältlich.

Elfriede Lohse-Wächtler
1. März bis 3. Mai 2009