Malerei des Biedermeier

Ein Fest für Freunde des Biedermeier: Das Wien Museum präsentiert Meisterwerke seiner bedeutenden Sammlung österreichischer Kunst zwischen 1815 und 1848, deren Grundstock auf Schenkungen des Fürsten Johann II. von und zu Liechtenstein vor über 100 Jahren zurückgeht. Seither bildet Kunst einen Schwerpunkt der Museumssammlung.

Die populärsten Sujets der Biedermeier-Zeit von Porträt und Alltagsdarstellung über virtuose Stillleben bis zu lichtdurchfluteten Landschaften finden sich in den Bildern von Friedrich von Amerling, Ferdinand Georg Waldmüller, Peter Fendi, Josef Danhauser oder Adalbert Stifter. Neben der Ölmalerei ist auch das Aquarell in Werken so namhafter Künstler wie Rudolf von Alt oder Thomas Ender Gegenstand der Ausstellung, ergänzt durch kunstgewerbliche Arbeiten.

Das facettenreiche Panorama zeigt detaillierte Naturstudien ebenso wie humoristisch-anekdotische Erzählungen oder das moralisierende Rührstück. Charakteristisch für die Malerei des Biedermeier ist ein neuer Realitätssinn und eine minutiöse Wirklichkeitserfassung, die allerdings häufig mit einer idealistischen Vorstellungswelt verbunden werden. So verdeckt das scheinbare Idyll nicht selten die Spannungen einer Zeit im Umbruch. Neue Themen wie das Leben auf dem Land, Armut und Reichtum in der Stadt, Volksfrömmigkeit sowie Naturerlebnisse in der näheren und weiteren Umgebung Wiens werden populär.

Die Präsentation folgt den wichtigsten Bildgattungen des Biedermeier: Porträt – Genremalerei – Landschaft und Vedute – Blumenmalerei und Stillleben – Interieurs. In der Porträtmalerei zeichneten sich zwei Strömungen ab, deren eine – vertreten durch Friedrich von Amerling und Franz Schrotzberg – die Tradition des repräsentativen Porträts fortsetzte, während sich zugleich eine bewusst unprätentiöse und wirklichkeitstreue Schilderung etablierte, wovon Bildnisse von Franz Eybl zeugen. Neben exzellenten Einzelporträts wie Waldmüllers "Junge Dame bei der Toilette" wird das im Biedermeier zentrale Thema des Familienbildnisses an bekannten bis kuriosen Beispielen vorgestellt. Dazu gehören sowohl die kaiserliche Familie im bürgerlichen Gewand von Leopold Fertbauer wie die ungewöhnlichen Porträts von Friedrich Lieder.

Einen Schwerpunkt der Sammlung wie der Ausstellung bildet die Genremalerei, die Alltagsszenen als bildwürdige Motive entdeckte und mit moralischen Botschaften verband – weshalb man auch von "Sittenbildern" spricht. Das Erzählerische war der Modus der biedermeierlichen Malerei schlechthin, wobei die Bandbreite von frühen kleinformatigen Idyllen bis zu vielfigurigen Gemälden der 30er und 40er Jahre reicht. Neben Peter Fendi und Josef Danhauser ist einmal mehr der vielseitigste und bedeutendste Wiener Maler dieser Zeit, Ferdinand Georg Waldmüller, zu nennen, der das Genrebild zur gestenreichen und lebendigen Erzählung zu steigern wusste.

An der Entstehung realistischer Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert hatte die Wiener Malerei wesentlichen Anteil. Deren wichtigste Merkmale: genaue Naturerfassung, Beobachtung der spezifischen Lichtverhältnisse, Interesse an atmosphärischen Phänomenen sowie ein wie zufällig gewählter Landschaftsausschnitt. Neben den Alpen wurde auch der Prater und die unmittelbare Umgebung Wiens "entdeckt", der Wienerwald und die damals noch unregulierte Donau erwiesen sich als äußerst stimmungsvolle Motive. Das gesteigerte Bildbedürfnis des Bürgertums führte auch zu einem "Vedutenboom" – Ansichten von Wien und der Vorstädte fanden sich auch auf Gläsern oder Porzellan, die als Souvenirs der Reichshaupt- und Residenzstadt gekauft wurden.

Als "Wiener Spezialität" gilt die Blumenmalerei des Biedermeier, die sich an der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts orientierte. Zu den Meistern dieser Gattung zählen Josef Nigg, Franz Xaver Petter, Josef Lauer und Ferdinand Georg Waldmüller. Das "große, komponierte Blumenstück" war zwar realistisch bis ins kleinste Detail, zeigte aber exotische Raritäten und Phantasiebouquets, zusammengesetzt aus Pflanzen mit völlig unterschiedlichen Blühzeiten, für die Vorlagen verwendet wurden. In die Zeit des frühen Biedermeier fallen auch akribische Zeichnungen, die eine künstlerisch-ästhetische Auffassung mit naturwissenschaftlichem Dokumentationswillen verbinden und zu naturgetreuen Detailstudien führen, etwa bei Sebastian Wegmayr oder Franz Xaver Gruber. Die Liebe zur Natur wurde im Privatgarten ebenso zelebriert wie im Salon oder Wohnzimmer, wo Blumenbilder von Geschmack und Kunstsinn zeugten. Blumen wurden mit ihrer Symbolsprache auch zu wichtigen Motiven auf kunstgewerblichen Gegenständen wie Vasen, Tassen und Tellern.

Aus der Interieurmalerei entwickelte sich im Biedermeier eine neue Sonderform: das Zimmerbild. Es porträtiert die Wohnkultur des Biedermeier in ihrer Alltäglichkeit und hohen Kunst der Raumausstattung. Die detailgenaue Erfassung der Räume und Einrichtung umfasst selbst kleine Gegenstände oder die individuelle Unordnung, die Bewohner in ihren Räumen zurückließen – die Aquarelle haben daher oft intimen Charakter. Zimmerbilder des Biedermeier waren als Erinnerungsobjekte für den eigenen Gebrauch oder als private Geschenke in Auftrag gegeben worden. Wichtige Vertreter dieser Richtung sind Johann Stephan Decker, Franz von Maleck und Matthias Grösser.

Die Ausstellung zeigt jeweils rund 60 Gemälde und grafische Werke sowie 20 kunstgewerbliche Gegenstände. Neben bekannten Werken sind auch Raritäten aus dem Museumsdepot vertreten. Auch die wichtigsten Neuankäufe der vergangenen Jahre gilt es zu entdecken, so etwa Rudolf von Alts "Stephansdom zur Weihnachtszeit", Peter Fendis "Das schlafende Kind am Weihnachtsabend" oder Rosalia Amons "Junges Mädchen am Fenster mit Blumenstöcken", das Plakatmotiv zur Ausstellung.


Malerei des Biedermeier
10. September 2009 bis 17. Jänner 2010