Malerei als Proteststrategie

"Bad Painting" kritisiert die Malerei mit ihren ureigensten Mitteln: Bedeutende Maler des 20. Jahrhunderts wie Francis Picabia, René Magritte, Asger Jorn, Philip Guston, Neil Jenney, Georg Baselitz, Albert Oehlen oder Julian Schnabel griffen mit unterschiedlichen Strategien eines unkorrekten, schlechten, hässlichen oder bösen Malens ihr Medium radikal an, um ihm damit neue Möglichkeiten zu bieten. Anhand markanter Werke von 20 Künstlern präsentiert die Ausstellung "Bad Painting" ein Phänomen, das eine neue, differenzierte Sichtweise auf die Geschichte der Malerei seit der Moderne eröffnet und für den gegenwärtigen Diskurs mitbestimmend wirkt.

Bad Painters bekennen sich eindeutig zur Malerei. Sie fordern dem Medium kritisches Potential ab, indem sie sich gegen bestehende Kanons der Traditionalisten ebenso wenden, wie sie dogmatische Konzepte und Vorschriften in den Avantgarden angreifen. Somit ist Bad Painting nicht zuletzt eine Kritik an den Utopien der Moderne, deren uneinlösbare Ansprüche und Versprechungen es aufdecken will. Als Gegenbewegung bestimmt die Strategie des Bad Painting bei keinem der Künstler das gesamte Schaffen, sondern kommt jeweils nur in bestimmten Phasen zum Einsatz.

Schon in den 1920er Jahren propagierte Francis Picabia Stilpluralismus und Stilbruch als Alternativen zum linearen Innovations- und Fortschrittsglauben der Avantgarden. Er wird seit den 1980er Jahren als Vaterfigur des Bad Painting gefeiert. Aus Protest gegen den Dogmatismus seiner Surrealistenkollegen brach auch René Magritte aus seinem Signature Style aus — wenngleich nur für eine kurze Zeit. In den Bildern seiner "période vache" (1948) wird das formale wie inhaltliche Repertoire der Malerei der Moderne in parodistischer Weise "durchgespielt". Ende der Fünfzigerjahre findet Asger Jorn in seinen "Modifications" — Übermalungen auf Trödelmärkten gekaufter Bilder — zu einer positiven Einschätzung des Kitsch, den er als "Bad Painting" bezeichnet: "Personally I like bad better than good."

Ideologische Kämpfe zwischen Abstraktion und Figuration, ebenso wie die Ächtung der Malerei durch die Avantgarden zwangen die "Bad Painters" in den 1960er und 1970er Jahren zu klaren Positionierungen: Georg Baselitz will "mit Mist, Schlamm und Unfarben [...] wirklich schlechte Bilder malen", um "mit Aggression und mit heftigem Widerspruch" etwas "gegen die schönen Dinge zu setzen." Sigmar Polke formuliert seine Kritik an der ideologischen Befrachtung des Vokabulars der Moderne in Form von Malerei und setzt sich auch mit dem Phänomen des Kitsch auseinander. In Amerika wendet sich Philip Guston Ende der 1960er Jahre vom abstrakten Expressionismus zugunsten idiosynkratischer Bilder ab. Heute sind diese Bilder, mit denen er bis zu seinem Tod auf größtes Unverständnis stieß, wesentliche Positionen des Bad Painting. Um 1969/70 produziert Neil Jenney eine von ihm selbst als "Bad" oder "Unconcerned Paintings" benannte Serie, die er jedoch wieder beendete. Ihm wurde bewusst, dass selbst wenn er "die schlechtest möglichen Bilder produzierte, diese nicht gut genug wären".

Dem dekonstruktiven Ansatz der Postmoderne entsprechend erlebte Bad Painting in den 1980er Jahren eine Hoch-Zeit. Künstler wie Albert Oehlen, Martin Kippenberger oder Werner Büttner betrieben eine radikale Befragung des Mediums und seiner Wirkungsmöglichkeiten. Mit ihrer schonungslos alles und jedes in Frage stellenden Herangehensweise zogen sie dabei nicht zuletzt gegen die oft nur als allzu einfache "gute Malerei" zu Felde, die damals allerorts boomte. Auch die Weigerung des Amerikaners Julian Schnabel, sich auf einen Stil festzulegen, entspringt dem Geist der Ablehnung jeglicher Regeln und Verbindlichkeiten.

Die Ausstellung führt bis zu aktuellen Positionen des Bad Painting, darunter jenen von John Currin und Lisa Yuskavage. Diese greifen den amerikanischen Wertekanon von Anstand, Korrektheit, "gutem Geschmack" und Schönheit in einer Weise an, die als schockierend, sensationalistisch, "politically incorrect" und "reaktionär" beschimpft wird. Unter anderem arbeiten sie dabei mit dem Rückgriff auf die von den Avantgarden verpönten Malweisen der alten Meister, um das Medium zu kritisieren und ihm neue Impulse zu verschaffen.


Ausstellungskatalog: "Bad Painting- good art" mit Beiträgen von Eva Badura, Susanne Neuburger, Stefan Neuner, Bernard Blistene, Claire Gilman, Julia Gelshorn, Christian Höller und Friedrich Petzel. 250 Seiten, 140 Abbildung, Deutsch/Englisch ISBN-978-3-902490-44-5, EUR 34,90

Bad Painting - good art
6. Juni bis 12. Oktober 2008