12. Juni 2019 - 7:43 / Rosemarie Schmitt / Musikuß

Ragna Schirmer spielt Clara Schumann. Damit meine ich nicht nur, dass sie die Werke der Komponistin spielt, sondern dass sie in ihre Rolle schlüpft. Mehr noch. Sie ist quasi die Reinkarnation von Clara S.

Im September würde Clara Schumann ihren 200. Geburtstag feiern. Ihr zu Ehren werden sicherlich eine Menge CDs veröffentlicht. Es werden Aufnahmen sein von Werken, die jeder Clara-Schumann-Liebhaber bereits in seiner Sammlung hat.

Tief beeindruckt bin ich von einer Veröffentlichung, die sich auf eine sehr besondere Art und Weise der komponierenden Pianistin Clara Schumann nähert.

Seit vielen Jahren beschäftigt sich die Pianistin Ragna Schirmer mit ihrer Kollegin Clara Schumann. Sie besucht seit fast einem Jahr während ihrer Konzertreisen, Orte und Bühnen, auf denen C. Schumann spielte. Schirmer führt das Publikum in die Zeit der Komponistin. Eine Zeit, in der es für eine Frau noch schwerer war, ihre Familie alleine zu ernähren und in der es als verpönt galt, reine Klavierabende zu geben. Und eben dies tat Madame Schumann. Sie war die erste Frau, die reine Klavierabende gab.

Anfang Mai erschien das Album „Madame Schumann“ auf Berlins Classics. Die Pianistin Ragna Schirmer schlüpft in die Rolle von Clara Schumann und hat zwei CDs eingespielt mit deren Original-Konzertprogrammen.

Zum einen eine Kammermusik-Matinee, die Schumann 1847 in Berlin gab und zum anderen ein Solo-Recital, welches 1872 während einer ihrer zahlreichen England-Tourneen stattfand.
Clara Schumann spielte damals Werke von Robert Schumann, Fanny Hensel und ihr eigenes Klaviertrio (Berlin). In St. Leonards-on-Sea begeisterte sie mit Kompositionen von Beethoven, Scarlatti, Händel, Brahms, Chopin, Mendelssohn-Bartholdy und ihrem zu jener Zeit bereits verstorbenen Gatten Robert.

Ein Doppel-Album zum 200. Geburtstag von Clara Schumann mit nur einer einzigen Komposition von ihr selbst? Ja! Und wenn Sie genau hinhören, erfahren sie mehr über das Seelenleben von Madame Schumann, mehr über ihre Beziehung zur Musik, ihre Zweifel, als in den meisten Aufnahmen, die sich ausschließlich der eigenen Musik der Komponistin widmen.

1846, in dem Jahr, in dem Clara S. ihr wohl bedeutendstes Werk komponierte, das Klaviertrio g-Moll op.17 sagte sie: „ (…) Freilich bleibt es immer Frauenzimmerarbeit, bei der es immer an der Kraft und hie und da an der Empfindung fehlt.“ (Quelle: Harenberg Komponisten-Lexikon 2001)

Sehr verehrte Frau Schumann, diese, Ihre Meinung findet ganz und gar nicht meine Zustimmung! Das mag beim Frauenfußball zutreffen, nicht jedoch bei Ihrer Arbeit, die körperliche Kraft nicht benötigt um derart emotional wertvolle und kompositorisch beeindruckende Werke zu präsentieren!

„Madame Schumann“ (Berlin-Classics) ist ein wunderbares Album, eine Verneigung Ragna Schirmers vor der herausragenden Komponistin, der außergewöhnlichen, facettenreichen, starken und auch geheimnisvollen Frau Clara Schumann.

Angaben zum Album Ragna Schirmer: "Madame Schumann"
Label: BERLIN Classics
Klavier: Ragna Schirmer
Sopran: Nora Friedrichs
Violine: Iason Keramidis
Viola: Julien Heichelbech
Violoncello: Benedict Klöckner

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt

Die Meinung von Gastautoren muss nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. (red)



Album Ragna Schirmer: "Madame Schumann"
Album Ragna Schirmer: "Madame Schumann"
Ragna Schirmer, Foto: Maike Helbig
Ragna Schirmer, Foto: Maike Helbig