Lois Weinberger – Nichts ist von einer Handlung zu sehen

Der Kunstraum der Firma Barth in Brixen zeigt noch bis zum 20. Dezember die Ausstellung „Lois Weinberger – Nichts ist von einer Handlung zu sehen“. Die Einzelausstellung des 1947 in Stams geborenen und 2020 in Wien verstorbenen österreichischen Künstlers ist bereits die vierte Kunstschau seit der Eröffnung des Raumes im Herbst 2023. 

Kuratiert von Elisa Barison in Zusammenarbeit mit Franziska Weinberger will die Ausstellung einen Einblick in die umfangreiche künstlerische Praxis von Lois Weinberger bieten. Ihn verband eine langjährige Freundschaft mit Ivo Barth, die 2007 bei der Umsetzung eines Kunst-am-Bau-Projekts in Tramin entstand.

Der Titel der Ausstellung „Nichts ist von einer Handlung zu sehen” stammt von einer Serie von Schwarz-Weiß-Fotografien aus den Jahren 1979/80. Mit diesen Bildern erzählt Weinberger die Geschichte eines Waldspaziergangs oberhalb seines Hauses: Er verschiebt auf dem Weg einen Ast, macht ein Foto davon und geht weiter. Diese Aktion würde niemals jemandem auffallen und nur er selbst wüsste, dass etwas geschehen war. Ein scheinbar unscheinbarer Akt, der jedoch zutiefst poetisch (und politisch) ist und somit für das gesamte Schaffen und die Ästhetik des Künstlers steht.

In Stams geboren und aufgewachsen, beschäftigte sich Weinberger seit jeher mit dem ländlichen Umfeld: „Auf dem elterlichen Bauernhof wurde nie über die Natur gesprochen, obwohl sich alles auf sie bezog. Man lebte mit ihr und von ihr – es gab den Acker, die Wiese, das Vieh, die Kälte, die Wärme, den Hoch- und Tiefdruck, die Ballenpresse und die Blutvergiftung (…).“ Die Natur ist ein zentrales Thema in Weinbergers Werk. Dabei nimmt sie weder die Form einer romantischen Fantasie noch die eines zu schützenden Etwas ein. Denn beides würde ein Verständnis von Natur als „Anderes“ voraussetzen, mit dem der Künstler nicht einverstanden ist: „Natur ist immer das, was wir uns unter diesem Begriff vorstellen können: sich stetig wandelnd und immer kulturell kodiert. Es ist uns nicht möglich, das Leben der Pflanze auf unser Leben zu übertragen. In dem Maße unserer Annäherung an die Natur entfernt sie sich – für mich ist die Unterscheidung von sichtbarer (Grünzeug) und unsichtbarer Natur von Bedeutung – eine innewohnende Dynamik / die Natur des Geistes (…). Vielleicht ist es doch so, dass nur der Glaube an die Natur sie aufrecht hält / sowie der Glaube an die Rationalität, die Technik oder Wissenschaft aufrecht erhält. Der Umgang einer Gesellschaft mit Pflanzen ist auch ein Spiegelbild ihrer selbst.“

Weinberger beschäftigte sich vor allem mit Ungewolltem und Übersehenem. Ruderalpflanzen, sogenannte „Unkräuter“, wurden für ihn zum Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit unserer Gesellschaft. Er rückte Randzonen in den Fokus und stellte dabei Hierarchien jeglicher Art in Frage. Weinbergers poetisch-politisches Netzwerk umfasst ein multidisziplinäres Werk aus Notizen, Zeichnungen, Fotografien, Skulpturen, Texten und Objekten. Die Ausstellung „Nichts ist von einer Handlung zu sehen“ umfasst eine Vielzahl verschiedener Medien – von ortsspezifischen Installationen über Fotografien und Zeichnungen bis hin zu Skulpturen und Texten – sowie Werke aus verschiedenen Lebensabschnitten des Künstlers von den Anfängen in den 1970er Jahren bis zu seinen letzten Arbeiten kurz vor seinem Tod im Jahr 2020.

Angesichts des aktuellen öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurses über die Beziehung zwischen Mensch und Natur, der sich von einem anthropozentrischen Weltbild weg und hin zu einer Art Posthumanismus entwickelt (mit einem großen Fokus auf Pilzen/Fungi), gilt Lois Weinberger mit seinem Werk als absoluter Pionier. Er ist heute, so wie damals, höchst aktuell – eine Auseinandersetzung mit ihm ist empfehlenswert.

Lois Weinberger (1947 in Stams/Tirol geboren, 2020 in Wien verstorben) lebte in Wien und Gars am Kamp. Er verstand sich als „Feldarbeiter“ und begann in den 1970er-Jahren mit ethnopoetischen Arbeiten, die die Basis für seine Auseinandersetzung mit dem Natur- und Zivilisationsraum bildeten. Ruderalpflanzen – auch „Unkraut“ genannt – wurden für ihn zum Ausgangspunkt von Zeichnungen, Texten, Objekten, Filmen und Arbeiten im öffentlichen Raum. 1991/92 entstand der „Wild Cube“, eine Einfriedung, in der sich Spontanvegetation ungestört entfalten kann. 1993 realisierte er mit „Brennen” und „Gehen” eine erste Bodenöffnung vor der Szene Salzburg. 1997 zeigte er diese Arbeit auf der documenta X und bepflanzte dort zudem ein 100 Meter langes Bahngleis mit Neophyten. 2009 bespielte er gemeinsam mit seiner Frau Franziska den österreichischen Pavillon der Biennale in Venedig. Er prägte die Debatte über Kunst und Natur seit den frühen 1990er Jahren entscheidend mit.

Lois Weinberger
Nichts ist von einer Handlung zu sehen
Bis 20.12.2025

Die Ausstellung ist nur unter Voranmeldung zugänglich
An folgenden Abenden werden jeweils um 18:00 Uhr Führungen durch die Ausstellung mit der Kuratorin Elisa Barison angeboten: 23.10.2025, 13.11.2025, 27.11.2025, 11.12.2025.
Eine Anmeldung via Mail an art@barth.it ist erforderlich.