Liu Xiaodong. Langsame Heimkehr
Der chinesische Künstler Liu Xiaodong ist in Asien längst ein Superstar und gehört zu der legendären Künstlergeneration, die friedlich auf dem Platz des Himmlischen Friedens demonstrierte, mit dem System aneckte und Jahre später weltweit Furore machte. "Langsame Heimkehr", eine gemeinsame Ausstellung von Kunsthalle Düsseldorf und NRW-Forum Düsseldorf, widmet dem chinesischen Ausnahmekünstler vom 9. Juni bis 19. August 2018 die weltweit erste umfassende Retrospektive.
Die von Heinz-Norbert Jocks kuratierte Doppelausstellung "Langsame Heimkehr" ist eine Weltpremiere und die erste Ausstellung, die sich der enormen Komplexität von Liu Xiaodongs Schaffen widmet. Gezeigt werden Arbeiten aus den Jahren 1983 bis 2018, rund 60 Gemälde, Bildskizzen, Fotografien, übermalte Fotografien, eine digitale Malmaschine, Tagebuchnotizen und der im Ausland gefeierte schwarz-weiße Avantgardefilm "The Days" (1993) des Regisseurs Wang Xiaoshuai.
Die Kunsthalle Düsseldorf gibt einen Überblick über Xiaodongs Malerei. Das NRW-Forum legt den Fokus auf die fotografischen Werke, sowie Liu Xiaodongs digitale Auseinandersetzung mit der Malerei und präsentiert auch die zusammen mit Wissenschaftlern entwickelte digitale Malmaschine. Im Ausstellungsraum werden von der Malmaschine Bilder, die mit einer im Frankfurter Börsensaal installierten Kamera eingefangen werden, in Realzeit auf Leinwand übertragen. Die Langsamkeit, mit der das digitale Bild sich in ein analoges verwandelt, lässt den irritierenden Eindruck entstehen, der Maler würde den Pinsel per Fernsteuerung über die Leinwand führen.
Der außerordentlichen Komplexität von Liu Xiaodongs Schaffen nähert sich "Langsame Heimkehr" nicht nur durch die mediale Aufteilung an den beiden Ausstellungsorten, sondern auch durch eine thematische Aufteilung in vier Kapitel. Den Ausgangspunkt bildet der Ort Jincheng (Liaoing-Provinz), an dem Liu Xiaodong 1963 geboren wurde und aufwuchs. Das zweite Kapitel behandelt die Reisen innerhalb Chinas, das dritte das Unterwegssein außerhalb der Heimat und das letzte Kapitel die Heimkehr nach Peking.
Liu Xiaodong zählt zu dem Kreis zeitgenössischer Künstler, die weltweit Furore machten und zuletzt im Guggenheim Museum in New York gezeigt wurden. Als Maler, der gegen den Absolutismus des kollektiven Denkens kämpft, engagiert er sich für die Vielfalt der Kulturen und die Diversität der Subjektivität. In seinen Werken beschäftigt er sich mit den Bedingungen des Menschseins und thematisiert globale Themen wie Bevölkerungsverlagerung, Umweltkrisen und wirtschaftliche Umwälzung. Seit Jahren setzt er sich einfühlsam mit Minderheiten sowohl in als auch außerhalb Chinas und subtil-kritisch mit den rasanten Veränderungen der chinesischen Gesellschaft auseinander.
Eigens für die Doppelausstellung realisierte Liu Xiaodong in Berlin das Projekt "Transgender/Gay", für das er die Transgender Sasha Maria van Halbach und den schwulen chinesischen Künstler Isaac Chong porträtiert. Parallel zu den Gemälden, die die unmittelbaren Eindrücke vor Ort verarbeiten, thematisiert ein nach dem Konzept des Künstlers realisierter Film die wechselseitige Beziehung zwischen dem Künstler und seinen Modellen.
Das Außergewöhnliche an der künstlerischen Praxis von Liu Xiadong ist, dass er in der Regel nicht nach Fotos oder aus der Erinnerung malt, sondern wie Cézanne vor dem Motiv. Ihm geht es dabei um die physische wie psychische Eigenkonfrontation mit der Außenwelt und deren Übersetzung in einzigartige Innenbilder parallel zur Wirklichkeit, die von seiner tiefen Empathie und Sensibilität zeugen. Mit größtmöglicher Offenheit begegnet er der Fremde und den Fremden. Aus dem obsessiven Wunsch heraus, die Welt um sich herum gemäß seiner "organisch-organisierenden Phantasie" (Peter Handke) darstellen zu wollen, verlässt er sich aufgrund seiner Erfahrungen in China und anderswo lieber auf die eigene Wahrnehmung, das eigene Erleben und die eigene Selbsterfahrung als auf mediale Bilder.
Liu Xiaodong. Langsame Heimkehr
Liu Xiaodong. Langsame Heimkehr
9. Juni bis 19. August 2018
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