Lighten up! - Im Rhythmus von Tag und Nacht

Siebzehn Kunst- und Designschaffende verwandeln im Gewerbemuseum Winterthur die Rhythmen des Tages und der Jahreszeiten in atmosphärische Licht- und Klanglandschaften und gehen der Frage nach, was es mit den biologischen Uhren der Lebewesen und dem Einfluss von Tageslicht auf sich hat. Sie erforschen die Geheimnisse von Schlaf und Traum, entwerfen alternative Bilder von Zeit und beschwören die Kraft und Schönheit des Tageslichts. Lasst uns die Nacht zurückgewinnen und den Tag erhellen!

Jetlag, Nachtschichten, Umstellung von Sommer- auf Winterzeit, urbaner Lebensstil und Lichtverschmutzung: Wann und wie schlafen wir eigentlich und wann brauchen wir Aktivität? Ob Fledermäuse, Pflanzen, Insekten oder Menschen - sie alle haben den 24-Stunden-Tag-Nacht-Rhythmus verinnerlicht, um ihr Verhalten und ihre Körperfunktionen optimal anzupassen.

Die Ausstellung "Lighten Up!" im Gewerbemuseum Winterthur untersucht zusammen mit Kunst- und Designschaffenden sowie Architekten die Beziehung zwischen lebenden Organismen und dem zirkadianen (circa diem = ungefähr ein Tag) Zyklus von Licht und Dunkelheit. Die Ausstellung zeigt sowohl die Kraft als auch die Schönheit des Tageslichts, führt in die Mysterien biologischer Uhren ein und erforscht die Geheimnisse von Schlaf und Traum. Sie erinnert nicht nur an den Lauf der Sonne am Himmel, sondern auch an die Notwendigkeit einer regelmäßigen natürlichen Lichtexposition für ein gesundes Leben.

Auch das Phänomen der immer heller werdenden Nächte durch künstliches Licht und dessen negative Folgen für alle Lebewesen wird beleuchtet. Lasst uns die Nacht zurückerobern und den Tag erhellen!

Die Wesen des Lichts

Zwei Installationen laden zum Nachdenken über die Natur des Lichts ein. Die faszinierenden optischen Geräte von "Embodied Light" des amerikanischen Künstlers James Carpenter ermöglichen es, in die Welt des Lichts und seine sich im Laufe des Tages verändernden Eigenschaften einzutauchen und damit zu interagieren. Mit "Light-Oriented Ontologies - The Beginnings" materialisiert der Schweizer Künstler Alan Bogana das Licht, um zu den Ursprüngen des Sehens zurückzukehren - eine Arbeit, die er als Artist in Residence an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) entwickelt hat.

Dynamik des Tageslichts

Das Tageslicht und seine Funktion für unser Leben und unsere Lebensräume stehen im Mittelpunkt der Installation "Circadian House". Der französisch-britische Architekt Colin Fournier zeigt darin die virtuelle Version eines kleinen, tageslichtoptimierten Hauses und dokumentiert den Alltag seiner beiden Bewohnenden.

Biologische Uhren

Fünf Installationen veranschaulichen die Prinzipien der biologischen Uhr, jenes subtilen Mechanismus, der unser Verhalten und das aller Lebewesen steuert. "10.000 Waking Bees" der neuseeländischen Künstlerin Anne Noble widmet sich dem Zeitempfinden von Bienen: Wird ihre biologische Uhr durch Betäubung angehalten, ist ihre Navigation zurück zum Stock beim Aufwachen gestört. "Circadian Bloom" der britischen Künstlerin Anna Ridler nutzt verschiedene Blumenarten, deren Blütezeit vorhersagbar ist, um eine Art natürliche Digitaluhr zu schaffen. Die Arbeit "The Clocks Around and Within Us" erläutert die Geschichte und die Entdeckungen der Chronobiologie, der Wissenschaft, die den Zusammenhang zwischen lebenden Organismen und dem Hell-Dunkel-Zyklus erklärt und alle Werke der Ausstellung miteinander verbindet. Der Inhalt wurde von der emeritierten Professorin Anna Wirz-Justice, Co-Kuratorin von "Lighten Up!", mit Hilfe eines großen Teams von Chronobiologen zusammengestellt.

Nächtliches und künstliches Licht

Die künstliche Erhellung des Nachthimmels nimmt in Europa jährlich um durchschnittlich 6,5 Prozent zu und breitet sich vor allem in den Städten immer weiter aus. Die Gründe für Außenbeleuchtung sind vielfältig: Sie sind funktionaler oder technischer Natur, sie sollen Sicherheit oder zumindest ein Sicherheitsgefühl vermitteln, sie haben dekorative Funktion oder sind identitätsstiftend. Die nächtliche Beleuchtung stört jedoch den circadianen Rhythmus und hat unter anderem erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen.

Vor diesem Hintergrund widmet sich ein Ausstellungsbereich dem Thema Lichtverschmutzung und den vielfältigen Auswirkungen auf unsere Welt. Daneben zeigt der Schweizer Künstler Robin Meier Wiratunga in den beiden gleichnamigen Installationen "Synchronicity" (16mm) und "Synchronicity", wie der natürliche biolumineszente Rhythmus von Glühwürmchen durch externe Lichtsignale beeinflusst wird.

Die Natur der Zeit

Zwei Installationen hinterfragen unser Verhältnis zur Zeit an sich und empfehlen, mehr auf unser natürliches Zeitempfinden zu achten. "Circa Solar" des britischen Designers Ted Hunt ist eine Digitaluhr, die mit einer App verbunden ist: Die Zeit wird von ihrer traditionellen Darstellung gelöst und stattdessen die saisonalen Veränderungen des Hell-Dunkel-Zyklus im Jahresverlauf veranschaulicht. Die immersive Installation "Circadian Dreams" der deutschen Künstlerin Helga Schmid wiederum experimentiert mit einem alternativen Zeitsystem: Es basiert auf den verschiedenen Verhaltensphasen des menschlichen Körpers in Verbindung mit den zirkadianen Rhythmen.

Aktivitäts- und Ruhezyklen

Alle Organismen haben zirkadiane Funktionen. Beim Menschen zeigen sich diese am deutlichsten im Zyklus von Aktivität und Ruhe. Während die Installation "Circadian Rhythms" des französischen Künstlers Kirell Benzi die Daten von drei Personen mit unterschiedlichen Tätigkeiten visualisiert, um die Einzigartigkeit ihres Tagesrhythmus zu enthüllen, zeichnen zwei weitere Installationen die Aktivitätszyklen und die Lichtexposition von Menschen über mehrere Jahre nach. Die Serie "SunDial: NightWatch" der britischen Künstlerin Susan Morris besteht aus Jacquard-Wandbehängen, deren Muster von den Ruhe-Aktivitäts-Messdaten der Künstlerin bestimmt werden, die über einen Zeitraum von fünf Jahren kontinuierlich gesammelt wurden. Sie zeigen, wie der jahreszeitliche Wechsel der Tageslänge unser Leben beeinflusst. "Cyclus" und "Panorama" sind zwei monumentale Installationen des 2016 verstorbenen deutschen Künstlers Andreas Horlitz, die mit den Mustern der Ruhe-Aktivitäts-Daten gestaltet wurden.

Geheimnisse von Schlaf und Traum

Die Installation des Schweizer Designers Rafael Gil Cordeiro schließlich untersucht die unsichtbare und unbewusste Natur von Schlaf und Traum. Mit "Print my Sleep" verwandelt er die einzigartigen Schlafdaten verschiedener Freiwilliger in 3D-gedruckte Skulpturen.

Die Ausstellung basiert auf "Lighten Up! On Biology and Time" (24.3.-30.7.2023) der EPFL Pavilions Lausanne, kuratiert von Prof. em. Anna Wirz-Justice, Prof. Marilyne Andersen, Prof. Sarah Kenderdine und Dr. Giulia Bini.

Mit Kirell Benzi (CH), Alan Bogana (CH), James Carpenter (US), Rafael Gil Cordeiro (CH), Colin Fournier (GB), Andreas Horlitz (DE), Ted Hunt (GB), Robin Meier Wiratunga (CH) mit André Gwerder (CH) und Guy Amichay (IL), Susan Morris (GB), Anne Noble mit Guy Warman (NZ), Anna Ridler (GB), Helga Schmid (DE), Anna Wirz-Justice (CH) und andere.

Lighten up!
Im Rhythmus von Tag und Nacht
22. November 2024 bis 11. Mai 2025