Lichtspuren im Lentos

Seit letzten großen Präsentation der Sammlung Fotografie des Lentos Kunstmuseums – damals noch Neue Galerie der Stadt Linz – im Jahr 2000 hat sich der Bestand wesentlich erweitert, worin sich die maßgebliche Rolle der Fotografie in der künstlerischen Produktion der Gegenwart widerspiegelt. Die Ausstellung "Lichtspuren. Fotografie aus der Sammlung" zeigt nun bis 8. Dezember 08 zeigt einen themenorientierten Querschnitt durch die Fotosammlung des die zur Zeit etwa 1.100 Exponate umfasst.

Die Anwendung fotografischer Techniken findet sich heute in einem breiten, reichhaltigen Spektrum künstlerischer Positionen, in differenzierten Bildstrategien, optischen, räumlichen, themenorientierten Untersuchungen. Manche Künstlerinnen und Künstler widmen sich ausschließlich dem Medium Fotografie und führen die Tradition der verschiedenen Schulen und Stilrichtungen der seit dem frühen 20. Jahrhundert geprägten Entwicklungslinien weiter. Für eine zunehmende Anzahl von Kunstschaffenden jedoch ist Fotografie ein Ausdrucksmittel unter vielen – eine Praxis, die sich ebenfalls durch das gesamte letzte Jahrhundert verfolgen lässt. Heute, im globalen Reich der visuellen Kultur, sind künstlerische Bildformulierungen ohne Bezug auf Fotos kaum denkbar. Jedes Bild bezieht sich mehr oder weniger deutlich auf die von jedem Individuum internalisierte Erfahrung medialer Bilder.

Seit der Erfindung der Fotografie sind kontinuierlich neue fotografische Bildtechniken entstanden, und KünstlerInnen waren und sind höchst bedacht in der Wahl ihrer Mittel: Bildträger, Entwicklungsverfahren, Druckprozesse. Das Format der zweidimensionalen Bildtafel überschreitend entstehen "erweiterte Fotografie", Installationen, multimediale Werke. Performance, Aktionskunst und temporäre Interventionen sind zur Dokumentation auf Fotografie angewiesen, woraus neue eigenständige Werke resultieren. Digital erzeugte Bilder haben ein vollkommen neues Paradigma der Produktion, Verbreitung und Rezeption, der "Lesbarkeit", selbst der grundlegenden Annahmen über das Wesen der Fotografie geschaffen.

Abbilder realer Situationen werden manipuliert, virtuelle Realitäten werden im Rechner konstruiert. Doch in der Kunst erschöpfen sich die Optionen immer raffinierterer Software nicht in verblüffenden Effekten. Medienreflexion, Gesellschaftsanalyse und kunstimmanente Verweise sind gedankliche Grundlagen für visuelle Produktion, welche die rein wirkungsorientierten Bildformulierungen der kommerziellen Fotografie auf komplexe Weise überschreitet. Interessanterweise ist es gerade der Bezug auf Malerei, mit dem KünstlerInnen wie Lois Renner, Dorothee Golz oder Julie Monaco – drei wichtige VertreterInnen der jüngsten Ankäufe für die Lentos Sammlung – digitale Werkzeuge für ihre Bildschöpfungen einsetzen.

Mit seinen Beständen ist das Lentos in der glücklichen Lage, anhand von exemplarischen Einzelwerken und Konvoluten einen historischen Bogen von der Pionierzeit künstlerischer Fotografie (William Henry Fox Talbot, Julia Margaret Cameron) bis zur Gegenwart zu spannen. Die Arbeiten von Talbot und Cameron kamen 1983 durch eine großzügige Stiftung des Wiener Galeristen Hubert Winter ins Haus. Seine insgesamt mehr als 50 Werke umfassende Schenkung war Auslöser für eine verstärkte Sammeltätigkeit im Bereich der Fotografie durch Direktor Peter Baum.


Lichtspuren. Fotografie aus der Sammlung
18. April bis 30. November 2008