Die Ausstellung im Kunsthaus Kaufbeuren präsentiert die Werke zweier abstrakter Maler und stellt diese in einen dialogischen Zusammenhang. Die beiden Künstler - Rupprecht Geiger und Shannon Finley - gehören ganz unterschiedlichen Generationen an, ihr Schaffen ist jedoch auf mannigfaltige Weise miteinander verbunden.
Als Wegbereiter der konkreten Malerei in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts schuf Rupprecht Geiger (1908-2009) sein Lebenswerk rund um das Thema 'Farbe'. Geigers Schaffen übte und übt noch bis heute Einfluss auf nachfolgende Generationen abstrakt malender Künstler aus. So wurde auch der kanadische Künstler Shannon Finley in seiner Entwicklung durch Geigers Ansätze in seinem eigenen Schaffen beeinflusst, bevor er eine eigenständige künstlerische Position bezog.
Rupprecht Geiger wurde 1908 als Sohn des Malers Willi Geiger in München geboren. Geigers ganze Kreativität galt zeitlebens der so sehr von der Empfindung getragenen und so eng mit dem Licht verbundenen Erscheinung der Farbe. Sein zentrales Anliegen war es, Farbe als eine eigene bildnerische Realität präsent werden zu lassen – gemäß seiner Überzeugung: "Farbe ist Energie." – Durch konsequente formale Reduktion und Klarheit sollte die geistige Kraft der Farbe selbst, die für Geiger einen autonomen Wert darstellte, hervortreten. Charakteristisch für seine Öl- und Acrylbilder, Papierarbeiten und Siebdrucke sind einfache geometrische Formen und leuchtende, sensibel modulierte Farben. – Mit Werken aus nahezu allen Schaffensphasen Rupprecht Geigers – Gemälden, Siebdrucken und zum Teil erstmals gezeigten Zeichnungen – würdigt die Ausstellung im Kunsthaus einen Künstler, dessen Werk in der deutschen und internationalen Farbfeldmalerei eine herausragende Stellung einnimmt.
Shannon Finley wurde 1974 in Ontario, Kanada, geboren und studierte in den 1990er Jahren am Nova Scotia College of Art and Design im kanadischen Halifax. Nach seinem Abschluss lebte er in New York und beschäftigte sich intensiv mit verschiedenen Strömungen der malerischen Abstraktion. Seit 2006 lebt und arbeitet der Künstler in Berlin. – Die Ausstellung beleuchtet Finleys malerisches Schaffen der vergangenen zehn Jahre bis heute. Zahlreiche neue Gemälde des Künstlers entstehen eigens für die Ausstellung im Kunsthaus Kaufbeuren.
Shannon Finleys Gemälde scheinen in ständiger Bewegung zu sein – Gefüge kristalliner Strukturen, die mal in intensiver, mal in gebrochener Farbigkeit auf seinen Leinwänden schimmern. Sobald der Betrachter sich im Raum bewegt, verschiebt sich auch der Bildraum. Aus Finleys Faszination für Lichtphänomene und durch die Abstraktionsspiele des Künstlers mit geometrischen Formen, vorzugsweise mit dem Dreieck und dem Kreis, entwickeln seine Bilder ein dynamisches Eigenleben, welches sich nur in der Betrachtung der Originale offenbart. – An seinen Gemälden arbeitet Finley über längere Zeiträume, oft mit Unterbrechungen. Der zeitintensive, ja behutsame und äußerst überlegte Herstellungsprozess entspringt Finleys stetiger Suche nach den strukturbildenden Formen für seine Gemälde. Schicht um Schicht bringt der Künstler die Farbe auf die Leinwand und verändert so beständig die Beschaffenheit der Oberfläche, die fast organisch aus dem Bild auszuwachsen scheint. Finleys Kunst ist einer Ästhetik des Unbestimmten, Ungefähren verpflichtet, das auf Langsamkeit beharrt und sich gleichzeitig einer schnellen Konsumierbarkeit widersetzt.
Rupprecht Geiger und Shannon Finley
Licht, Farbe, Raum
27. März bis 12. September 2021