Leopold Museum: Ludwig Wittgenstein

Vor 70 Jahren, am 29.4.1951, verstarb mit Ludwig Wittgenstein einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, dessen Wurzeln in einer großbürgerlichen, die Wiener Moderne maßgeblich unterstützenden Familie lagen. Das Leopold Museum widmet ihm ab November dieses Jahres eine Ausstellung, die nicht seine bahnbrechenden philosophischen Schriften oder deren Strahlkraft auf die bildende Kunst in den Mittelpunkt stellt, sondern den Fotografen Wittgenstein, den Autor, Sammler und Arrangeur von Fotografien. Damit liegt der Fokus auf einem bisher kaum beachteten Nebenschauplatz, der hier erstmals im Detail und mit einem weit gefassten Begriff des Fotografischen analysiert wird.

Die Ausstellung umfasst neben dem bisher nur teilweise publizierten Fotoalbum aus den 1930er-Jahren, dem berühmten Kompositporträt der Geschwister Wittgenstein, den Automatenfotos und anderen inszenierten Selbstporträts sowie den Aufnahmen des Hauses Stonborough-Wittgenstein in der Kundmanngasse auch Auszüge aus der "Nonsense Collection" und eine repräsentative Auswahl seiner Ansichtskartenkorrespondenz, die eine die Bildebene dieses Mediums immer mitreflektierende Praxis des Kommunizierens offenbart. Vor dem Hintergrund seiner Äußerungen zur Fotografie, die bis zum Vorhaben reichen, einen "Laokoon für Fotografen" zu schreiben, lädt dieser Materialbestand dazu ein, Wittgensteins Verständnis und Verwendung des Mediums für eine zeitgenössische Re-Vision fruchtbar zu machen.

Wittgensteins fotografische Praxis wird in der Ausstellung mit Werken zeitgenössischer Künstler_innen wie Vito Acconci, Miriam Bäckström, John Baldessari, Gottfried Bechtold, Anna und Bernhard Blume, Christian Boltanski, Hanne Darboven, Hans-Peter Feldmann, Günther Förg, Nan Goldin, Peter Hujar, Birgit Jürgenssen, Friedl Kubelka, Inés Lombardi, Dóra Maurer, Trevor Paglen, Sigmar Polke, Martha Rosler, Thomas Ruff, Alfons Schilling, Cindy Sherman, Katharina Sieverding, Margherita Spiluttini, Hiroshi Sugimoto, Gillian Wearing, Peter Weibel, Otto Zitko, Heimo Zobernig u. a. in Dialog gesetzt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Bezugnahmen auf Wittgenstein oder seine Äußerungen über Fotografie, vielmehr werden in motivisch wie thematisch gefassten Resonanzräumen strukturelle Analogien offengelegt, die das fotografische Œuvre Wittgensteins in seinem analytischen Charakter beleuchten und den Blick auf die zeitgenössischen Kunstwerke schärfen.

Die Ausstellung ist von 12.11.2021 bis 6.3.2022 im Leopold Museum zu sehen.