Leif Ove kann Rachmaninowsch

12. Januar 2011 Rosemarie Schmitt
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Das London Symphonie Orchestra und ein norwegischer Pianist spielen die Musik eines Russen unter der Leitung eines in England geborenen Sohnes italienischer Eltern. Das hört sich nicht nur spannend an, es ist es auch. Bereits 2005 erhielt der Pianist Leif Ove Andsnes einen Preis der Deutschen Schallplattenkritik und inzwischen sieben Grammy-Nominierungen für die Einspielungen der ersten beiden Klavierkonzerte von Rachmaninow. Diese Konzerte spielte er unter der Leitung von Antonio Pappano ein, damals zusammen mit den Berliner Philhamonikern. Und nun folgten die Konzerte Nr. 3 und 4 mit den Londonern.

Wissen Sie, daß Rachmaninows 3.Klavierkonzert zu jenen, mit den grandiosesten Anfängen gehört? Der Komponist verstand es gleich zu Beginn des Konzertes, das Klavier in ganz besonderem Maße auf die wirkungs- und eindrucksvollste Weise in Szene zu setzen.

Dieses 3. Klavierkonzert komponierte Rachmaninow für eine US-Tournee, während der er 22 Konzerte zu bewältigen hatte. Die zwölftägige Seereise von Russland nach Amerika nutzte er, um an einer stummen Klaviatur den Solopart zu studieren, bis er ihn auswendig konnte. Der damals 36jährige Rachmaninow wollte einen seiner Träume verwirklichen und sich von den Einnahmen dieser Tournee sein erstes eigenes Automobil kaufen.

Zehn Jahre später sollte er, nachdem er aus seinem geliebten jedoch revolutionierendem Heimatland fliehen musste, seine Zelte für immer in Amerika aufschlagen. Damals, noch in seiner Heimat schien ihm das Komponieren leicht zu fallen und er schrieb die Werke mit links. Doch nun, fern der russischen Inspiration tat der Linkshänder sich damit etwas schwerer.

Das 4. Klavierkonzert schrieb Rachmaninow dann im Winter 1925/26. Diesmal war nicht etwa eine geplante Tournee der Auslöser für diese Komposition, sondern die Notwendigkeit seine Tochter Irina finanziell zu unterstützen. Die junge Frau lebte in Paris und war erst kürzlich Witwe geworden. Der Klaviervirtuose Josef Hartmann, dem Rachmaninow im Übrigen sein 3. Klavierkonzert widmete, sagte einst, der Komponist habe "Finger aus Stahl und ein Herz aus Gold." Es scheint, als habe er Recht gehabt.

Nach etlichen Kritiken im Anschluß an die Premiere des 4. Klavierkonzertes in Philadelphia, überarbeitete der Komponist die Partitur mehrfach und strich zunächst etliche (114!) Takte. Er kürzte und bearbeitete das Klavierkonzert bis zum Jahre 1941. Diese Version ist hier mit Leif Ove Andsnes und dem London Symphonie Orchestra zu hören.

Wissen Sie, daß die Gelder die die GEMA kassiert, abhängig sind von der Größe des Orchesters, der Höhe des Eintrittspreises und der Anzahl der Personen die in dem Konzertraum Platz finden? So kostet ein Konzert eines Streichquartettes in einem Raum bis zu 100 Personen und freiem Eintritt etwa 39 Euro. Spielt das Ensemble in einem Saal bis 2000 Personen und nimmt mehr als 51 Euro Eintritt, so bekommt die GEMA schon um die 2120 Euro. Also muss der Veranstalter für ein Konzert mit Andsnes und dem London Symphonie Orchestra unter gleichen Bedingungen mehr als 3500 Euro zahlen.

Sofern die Komponisten noch leben, bekommen sie gnädigst auch einen (sehr kleinen) Teil dieser Einnahmen von der GEMA ab, andernfalls die Erben. Aber nur bis 70 Jahre nach dem Tod des Komponisten. Im Falle Rachmaninow also noch bis zu Jahre 2013. Die einen sind mir lieb, die anderen teuer.

Die Norweger an sich sind mir beides. Bei Wikipedia habe ich gelesen, daß die meisten ethnischen Norweger Norwegisch sprechen. Jetzt sind Sie aber platt, oder? Immerhin kenne ich einen, der kann überdies besonders gut Rachmaninowsch.

Leif Ove Andsnes
Rachmaninow Piano Concertos 3 & 4
London Symphonie Orchestra / Antonio Pappano
EMI Classics

und herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt