Leerstellen

"Es war einmal ein Lattenzaun, mit Zwischenraum, hindurchzuschaun…," die berühmten Zeilen aus Christian Morgensterns Gedicht erklären den Zwischenraum, also das Nichts zum Wesenszug eines Zaunes. Mit dieser Sichtweise, genau das in den Blick zu nehmen, was nicht da ist, begegnen die Berliner Künstlerinnen Susanne Lorenz und Francis Zeischegg der Kunsthandwerklichen Sammlung des mpk. In einer exquisiten Werkschau erschließen sie unter dem Titel "Leerstellen" ausgewählte Sammlungsobjekte und deren Geschichte neu.

Susanne Lorenz, Professorin an der Universität der Künste in Berlin und Francis Zeischegg, Lehrende an der Bauhaus-Universität in Weimar, sind bekannt für ihre außergewöhnliche künstlerische Befragung von Orten. Raum zeigt sich dabei, so die Berliner Kunstwissenschaftlerin Barbara Straka "als dynamisches Ereignis gesellschaftlicher und individueller Praxis". Prominente Beispiele hierfür sind Lorenz" "Spreebrücke / Badeschiff" in Berlin, das international für Furore gesorgt hat, und Francis Zeischeggs Interventionen im Stadtraum mit Hochsitzen und Wildgatterzäunen mitten in der Stadt, wie auch vor dem Pfalztheater in Kaiserslautern 2010.

Dem diebischen Architekten Morgensterns vergleichbar, der dem Zaun den Zwischenraum nahm und hieraus ein großes Haus baute, entwickeln die Künstlerinnen ihre Arbeiten. Zeischegg widmet sich beispielsweise Zwischenräumen, die sich aus dem Nebeneinander der Sammlungsstücke im Depot ergeben und fragt damit nach unseren Gewohnheiten, etwas zu archivieren. Eine so entstehende Ornamentik schafft sowohl über das Sammeln als auch über die Objekte selbst neue Zugänge. Beide Künstlerinnen interessiert das Ornament im Handlungszusammenhang. Der auf ein Gitterornament der Sammlung bezogene "Parcours" von Francis Zeischegg kann durchlaufen werden, während die "Dynamischen Ornamente" von Susanne Lorenz über Form und Material Bewegung hervorrufen.

Das zentrale Thema der für diese Ausstellung entwickelten Arbeiten von Susanne Lorenz ist die Rahmung. Mit der Rahmung erschafft sie Leerstellen, die in ihrem offenen Charakter zur Handlung auffordern und auf Kommendes (oder Neues) verweisen. Beiden Künstlerinnen gemein ist, dass sie Gegenstände der Kunsthandwerklichen Sammlung des mpk nach ihrer Erscheinung, ihrer Funktionalität und ihrem Gebrauchskontext befragen. Vor Augen treten dabei Muster, die Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsweisen von Menschen vorstellen. Die Ausstellung zeigt, wie Wahrnehmung sich verändert, wenn bekannte Gegenstände aus der Kunsthandwerklichen Sammlung aus einer ungewohnten Perspektive und mit anderen Augen betrachtet werden.

Leerstellen
21. Mai bis 6. Juli 2014