Landschaft, Licht und Stille

Das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern (mpk) zeigt vom 8. September bis zum 6. Januar unter dem Titel "Landschaft, Licht und Stille" rund 50 meist großformatige Ölgemälde des chinesischen Malers Qiu Shihua. Erstmals in einer musealen Einzelausstellung in Europa stellt das Museum des Bezirksverbands Pfalz in Kooperation mit der Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin das Œuvre des Künstlers in einem repräsentativen Überblick vor. Private und öffentliche Leihgeber im In- und Ausland haben die Zusammenschau ermöglicht.

Qiu Shihua zählt mit seinen seit den frühen 1970er Jahren bis heute entstandenen Werken zu den herausragenden Positionen aktueller chinesischer Kunst im Allgemeinen und zeitgenössischer Landschaftsmalerei im Besonderen. Der Künstler befragt mit äußerst feinen Bildfindungen auf eindrucksvolle Weise die Sichtbarkeit in der Malerei. Er verbindet ostasiatische Vorstellungen mit westlichen Einflüssen und lädt zu außergewöhnlichen Seherlebnissen ein.

Auf den ersten Blick scheinen seine Gemälde nahezu weiß zu sein, doch bei längerer, intensiver Betrachtung werden weite Landschaften, ruhig und menschenleer, in zarten variantenreichen Farbnuancen sichtbar. Je nach Blickwinkel erscheinen oder entziehen sich Motive wie Bäume, Wellen, ein Weg oder die durch eine Wolkendecke hindurch brechende Sonne. Erahntes verdichtet sich, Details scheinen auf, doch schon im nächsten Augenblick kann sich der eben gewonnene Eindruck wieder ins Immaterielle verflüchtigen. Das gemalte Licht übt geradezu eine magische Anziehungskraft auf den Betrachter aus. Stimmungen entstehen, die an einen Traumzustand erinnern.

In seiner Denk- und Arbeitsweise orientiert sich Qiu Shihua am Taoismus. Darstellung und Entrückung, An- und Abwesenheit, Fülle und Leere beschäftigen den Maler in einem steten Prozess des Wiederholens und gleichzeitigen Variierens. Dabei bedient er sich äußerst reduzierter Gestaltungsmittel. Seine stille, überaus sensible, in dünnen Farbschichten und Lasuren aufgetragene Malerei gibt keine bestimmten Orte wieder, sondern ruft vielmehr Erinnerungen an landschaftliche Eindrücke wach. Sie ist das Ergebnis vom Künstler real gesehener Landschaften, entsteht tatsächlich jedoch in einem Zustand meditativer Versenkung. Qiu Shihuas Ziel ist es, dem Wesen der Dinge nachzuspüren. Er sieht die Welt als einen leeren Raum, in dem sich alles befindet; deshalb bedeutet Leere für ihn das wirkliche Sein.

Neben seiner Verbindung zur traditionellen chinesischen Malerei ist Qiu Shihuas intensive Auseinandersetzung mit westlicher Kunst spürbar. So bringt ihn die bildkonstituierende Verwendung der Nicht-Farbe Weiß in die Nähe abstrakter Malerei westlicher Künstler, die seit etwa 1945 durch das Experimentieren mit Weiß vielfältige neue, auf unterschiedliche Weise reduzierte Ausdrucksmöglichkeiten gefunden haben.

Qiu Shihua wurde 1940 in Zizhong in der Provinz Sichuan, im Südwesten Chinas, geboren. Er studierte an der Kunstakademie Xi’an und erhielt dort vor allem eine Ausbildung in traditioneller chinesischer Malerei. Am Ende seiner Studienzeit beschäftigte er sich mit dem sozialistischen Realismus nach sowjetischem Vorbild. Nach seinem Abschluss 1962 arbeitete Qiu Shihua während und nach der Kulturrevolution bis 1984 als Plakatmaler für ein Kino. In den folgenden Jahren bereiste er Europa und stellte hier vereinzelt auch aus. Diese Erfahrungen sowie seine Hinwendung zum Taoismus trugen zur Entwicklung seines heutigen Werkes bei. Qiu Shihua lebt und arbeitet in Beijing und der Wirtschaftsmetropole Shenzhen.

Zur Ausstellung ist ein zweisprachiger Katalog in Deutsch und Englisch im Richter & Fey Verlag mit einem Vorwort von Britta E. Buhlmann (Direktorin mpk) und Udo Kittelmann (Direktor Nationalgalerie), einem Text von Silke von Berswordt-Wallrabe und einem Nachwort von Qiu Shihua erschienen. Die Publikation mit geprägtem Leineneinband umfasst 180 Seiten und über 60 Abbildungen. Sie ist zum Preis von EUR 39,- an der Museumskasse erhältlich.

Landschaft, Licht und Stille
8. September 2012 bis 6. Januar 2013