Landnahme

Innen- und Außenräume, urbane wie ländliche Orte tauchen in den Grafitzeichnungen von Stephan Mörsch (*1974 in Aachen) aus dem Dunkel auf. Wie Schemen der Erinnerung reiht der Künstler seine virtuos ausgeführten grafischen Blätter aneinander. Einzelne Partien verschwimmen zur Vagheit (alb)traumhafter Beobachtungen oder zur Bewegungsunschärfe flüchtiger Reisebetrachtungen. Ganz in der Tradition des Film Noir zeigen die filmischen Bildsequenzen Ausschnitte aus der Kameraperspektive und beschwören beunruhigendeoder melancholische Szenen herauf.

So sind auch seine Modelle nicht nur detailgetreue Nachbilder, sondern entwickeln zugleich eine atmosphärische Dichte: Die leeren Hüllen verlassener Behausungen bestehen aus einfachen, fast ärmlichen Materialien. Scheinbar belanglose Architekturen wie Hochsitze, Strandhäuser, Bunker oder Gartenhäuser lassen Prinzipien einfacher Bauten nachvollziehen, die jenseits professioneller Entwürfe zunehmend unseren Alltag prägen. Das Nebeneinander von Architektenhaus und kreativem Heimwerkertum, Ikone und improvisiertem Unterschlupf, wie es uns allerorts begegnet, lässt die Frage aufkommen, inwiefern der Baumarkt als neues Formendiktat zunehmend eine modernistische Tradition ablöst. Entwickeln sich offizielle und private Bebauung immer weiter auseinander? Wem gehören bestimmte Räume und wer beherrscht sie?

Mit Zeichnungen und Modellen rückt die Ausstellung "Landnahme" von Stephan Mörsch diesen Fragen zu Leibe, indem sie unterschiedliche Arten der Raumerkundung, -eroberung oder -aneignung untersucht. Nach zahlreichen Einzelpräsentationen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland richtet das Marta Herford Stephan Mörsch, der an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg u.a. bei Gunnar Reski, Alexander Roob und Pia Stadtbäumer studiert hat, seine erste Einzelausstellung in einem deutschen Museum aus.

Stephan Mörsch - Landnahme
8. Mai bis 1. August 2010