Land Art
1969, das Jahr der Mondlandung, ist auch das Jahr, in dem die Land Art zu ihrem Namen kam. Konzeptuell geht die neue Kunstrichtung von der Idee aus, dass die Erde ein Objekt ist, auf dem gezeichnet werden kann. Mit der Reise zum Mond entstanden die ersten fotografischen Aufnahmen des Blauen Planeten. Die Erde wird zur Leinwand der Künstler/innen, der Bagger zum Stift und Pinsel.
Die Land Art, die sich Ende der 1960er-Jahre vor allem in den USA entwickelt hat, zählt zu den herausragenden Kunstströmungen des 20. Jahrhunderts. Die Künstler/innen verlassen den konventionellen Ausstellungsraum und machen die Landschaft zum kontextuellen Feld ihrer künstlerischen Praxis. Meist schaffen sie Werke mit und aus der Natur, die die Natur auch wieder auflöst. Die frühesten Beispiele sind von einer minimalistischen Formensprache geprägt. Ihre geometrischen Strukturen schreiben sich als monumentale Zeichnungen in die Oberfläche der Welt ein.
Obwohl die Land Art im landschaftlichen Außenraum entsteht, verlegen die Künstler/innen sie als minimalistische Formen und Installationen wie Sandhaufen oder Steinkreise auch in den Galerieraum. So fand in der New Yorker Galerie von Virginia Dwan bereits 1968 die erste Ausstellung unter dem Titel Earth Works statt. 1969 prägte Gerry Schum den Begriff „Land Art“ für naturbezogene künstlerische Projekte. Für das Deutsche Fernsehen drehte er Filme über die Land Art vornehmlich US-amerikanischer und europäischer Künstler/innen. Unter ihnen finden sich die Pioniere Michael Heizer, Walter De Maria und Robert Smithson.
50 Jahre später widmet sich die Kunsthalle Krems in einer Jubiläumsausstellung der Land Art, die wegen ihres meist ephemeren und prozessualen Charakters auf die Dokumentation durch Film und Fotografie angewiesen ist. In der Schau werden neben Schums Filmen zwei weitere Filme über Ikonen der Land Art der ersten Stunde gezeigt: Robert Smithsons Spiral Jetty (1970), eine mit Baggern aufgeschüttete Sand- und Steinspirale am Rand des Großen Salzsees in Utah, sowie Nancy Holts Sun Tunnels (1976), perforierte Betonröhren, die in der Great Basin Desert ebenfalls in Utah installiert wurden. Den „Klassikern“ aus der Pionierzeit der Land Art wird eine zeitgenössische österreichische Position gegenübergestellt: Josef Trattner unternimmt „Sofafahrten“ im landschaftlichen Raum, die jüngste entlang der Donau von Donaueschingen bis zum Schwarzen Meer. Das Projekt wird in der Ausstellung mit einem Video sowie Fotos und Aquarellen dokumentiert.
Biografische Angaben der Künstler/innen
Nancy Holt
Nancy Holt (geb. 1938 in Worcester, USA; gest. 2014 in New York; USA) arbeitete nach einem Abschluss in Biologie ab den 1960er-Jahren im Bereich Film, Video, Installation und Sound Art in New York im Umfeld von Künstler/innen wie Michael Heizer, Carl Andre, Eva Hesse, Richard Serra und ihrem Mann Robert Smithson. Sie ist bekannt für ihre Earth Works sowie Skulpturen und Installationen im öffentlichen Raum und zählt zu den Wegbereiterinnen der Kunstströmung Land Art. Ein Jahr vor ihrem Tod wurde sie mit dem Lifetime Achievement Award vom International Sculpture Center in New York ausgezeichnet. Ihre Arbeiten sind in Sammlungen in Museen wie dem MoMA – Museum of Modern Art oder dem Whitney Museum of American Art vertreten.
Gerry Schum
Gerry Schum (geb. 1938 in Köln, Deutschland; gest. 1973 in Düsseldorf, Deutschland) studierte am Deutschen Institut für Film und Fernsehen in München sowie an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin und arbeitete als Kameramann und Filmemacher beim Rundfunk und Fernsehen in Berlin. 1969 gründete er das TV-Format Fernsehgalerie. Dieses sollte dem breiten Publikum des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zeitgenössische Kunst vor Augen führen. Es wurden nur zwei Sendungen ausgestrahlt, nämlich Land Art (1969, Sender Freies Berlin) und Identifications (1970, Südwestfunk). Gerry Schum gilt als Erfinder des Begriffs „Land Art“.
Robert Smithson
Robert Smithson (geb. 1938 in Passaic, USA; gest. 1973 in Amarillo, USA). Smithson war zunächst als Maler und Zeichner vom abstrakten Expressionismus inspiriert, verstand sich aber Ende der 1960erJahre zunehmend als Bildhauer, der in der Landschaft agiert. 1963 heiratete er die Künstlerin Nancy Holt. Smithson ist bekannt für seine Earth Works Spiral Jetty (1970), Broken Circle/Spiral Hill (1971) und Amarillo Ramp (1973). Er gilt als Schlüsselfigur der Land Art. Im Alter von nur 35 Jahren starb er während der Filmaufnahmen zu Amarillo Ramp bei einem Flugzeugabsturz. Seine Werke befinden sich in zahlreichen Sammlungen von Museen wie dem MoMA – Museum of Modern Art, dem Solomon R. Guggenheim Museum, der Tate Gallery of Modern Art und Whitney Museum of American Art.
Josef Trattner
Seit 2004 bereist Josef Trattner (geb. 1955 in Semriach, Steiermark; lebt und arbeitet in Wien und Radlbrunn, Niederösterreich) mit seinem roten Schaumstoffsofa europäische Länder wie Rumänien, Bulgarien oder Polen und die Türkei. Das Sofa fungiert als Plattform, als Begegnungsort, wo der Künstler mit Gästen aus der Kulturszene Gespräche über Leben, Gemeinschaft und Kultur führt. Es wird zur sozialen Plastik in der Stadt und der Landschaft. 2016 unternahm Trattner seine „Sofafahrt“ entlang der Donau vom Schwarzwald bis zum Schwarzen Meer. Eine Sofa-Anlegestelle war auch Krems. In der Ausstellung Land Art der Kunsthalle Krems wird das Projekt Donau-Sofafahrt mit Filmund Fotodokumentationen präsentiert. In der Kremser Dominikanerkirche zeigt Josef Trattner überdies bereits seit 26. Mai und noch bis 13. Oktober 2019 installative Schaumstoffarbeiten.
Land Art
Kurator: Florian Steininger
Künstler/innen der Ausstellung: Nancy Holt, Gerry Schum, Robert Smithson, Josef Trattner
14. Juli bis 3. November 2019
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