Im Leben stösst man hin und wieder auf Koinzidenzen, bei denen man sich fragt, ob sie nur zufällig sind. So ist etwa für Roland Haas, der von 1978 bis 1984 an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Anton Lehmden, Gustav Hessing und Friedensreich Hundertwasser dereinst studiert hat, die Aquarellmalerei nicht nur seit Jahrzehnten das wichtigste Ausdrucksmittel, sondern zu seinen wichtigsten Impulsgebern zählt J.M. William Turner, der als bedeutendster Vertreter der englischen Romantik gilt und mit seiner Darstellungsweise bis zur Entmaterialisierung des Gegenständlichen ging. Mit seiner Art, das Licht und die Farbe von Sonnenlicht, Feuer und Wasser in ganz neuartiger Weise zum eigentlichen Thema seiner Bilder zu machen, übte er nicht nur grossen Einflus auf die Impressionisten aus, sondern auf viele nachfolgenden Generationen bis in die Gegenwart. So sind auch für den Montafoner Künstler Roland Haas Licht und Atmosphäre zu zentralen Elementen seines Schaffens geworden. Und kurioserweise ist Haas zudem noch am selben Tag wie Turner geboren, nämlich am 23. April.
Am vergangenen 23. April nun wurde weltweit der 250. Geburtstag von Turner gefeiert. Aus diesem Anlaß gibt es derzeit auch etliche Ausstellungen zu Ehren dieses Giganten der Kunst. Die grösste wohl in der Tate Britain, die denn auch am meisten Werke von Turner in der hauseigenen Sammlung hat. Eine kleine Schau gibt es auch in der von Turner dereinst selbst entworfenen kleinen Villa „Sandycombe Lodge“ auf einem großen Grundstück in der Nähe der Themse in Twickenham.
Sicher kein Zufall ist, dass Roland Haas genau zu Turners rundem Geburtstag und somit an seinem eigenen 67. Geburtstag für zehn Tage in London weilte und sich auf die Spuren des Meisters des Lichtes begab und unter anderem dieses besondere Turner-Haus in Twickenham direkt vor Ort aquarellierte. Und aber auch andere bekannte Orte hielt Haas mit seiner unverkennbaren Wasserfarbentechnik fest, wie etwa Tower Bridge, The House of Parliaments, Greenwich oder die University of London im Bezirk Bloomsbury. Und zwar alles „pleinair“, also unter freiem Himmel, wie dies auch Turner geschätzt hat. Und was besonders Speziell daran ist: Haas hat die Sujets auf Original Whatman-Papier aquarelliert. Dieses Papier war schon immer für seine Festigkeit, Oberflächenqualität und Fähigkeit, Wasser aufzunehmen, ohne sich zu verziehen, berühmt, was es auch zu einem Favoriten für J.M.W. Turner machte. Und der Montafoner Künstler erhielt vor rund 40 Jahren ein Konvolut von antiquarischem Whatman-Papier, dass aus dem direkten Nachlass von J. M. William Turner entstammt. Eigentlich eine Sensation. Das Papier, das für einen Künstler wie Roland Haas einen unvergleichlichen Schatz darstellt, ist denn auch mit 1824 datiert.
Jedenfalls war diese Zeit in der Themse-Stadt nun der geeignete Moment, auf diesen Schatz zurückzugreifen und zu verwenden. Insgesamt schuf Roland Haas „auf den Spuren Turners“ in den zehn Tagen sechs Aquarelle.
Zentral für den Künstler war auch, dass er im Rahmen seines Aufenthalts die Gelegenheit erhielt, im Study Room der Tate Britain 18 Turner-Aquarelle im Original zu studieren.