Kunst von Welt in der Sammlung des Belvedere

Drei Gemälde aus dem 19. Jahrhundert im Besitz des Belvedere – drei Künstler von Welt, die in ihren Herkunftsländern schon lange hoch geschätzt werden und in den letzten Jahrzehnten nach und nach auch die internationale Kunstszene erobern: Raden Saleh aus Indonesien, Osman Hamdi Bey aus der Türkei und der in Georgien und im Iran tätige Armenier Hakob Hovnatanyan.

Das Belvedere wendet sich mit dieser "Im Blick"-Ausstellung aus neuer Perspektive einer Epoche zu, in der die europäische Kunstwelt im Umbruch war und die in der Sammlung des Museums zentral ist. Im Fokus der Schau stehen die drei großformatigen Bilder "Kämpfende Tiger über der Leiche eines Javaners" (Saleh), "Über den Koran meditierend" (Hamdi Bey) und "Nāser ad-Din, der Schah von Persien" (Hovnatanyan). Die Werke gelangten kurz nach ihrer Entstehung nach Wien, entweder als Schenkungen der Künstler an Kaiser Franz Joseph I. (Saleh und Hovnatanyan) oder durch Ankauf der kaiserlichen Gemäldesammlung (Hamdi Bey).

Osman Hamdi Bey und Hakob Hovnatanyan lebten östlich der europäischen Zentren. Hamdi Bey rief 1882 die erste staatliche Kunstakademie in Istanbul ins Leben und wurde in späteren Jahren Gründungsdirektor des kaiserlichen Museums (Müze-i Hümayun) in Istanbul. Während Saleh und Hamdi Bey aus ihren Herkunftsländern nach Europa gingen, beschritt Hovnatanyan den umgekehrten Weg. Er wurde 1806 in Tiflis geboren. Zunächst in der lokalen Tradition ausgebildet, verschrieb er sich später dem europäischen Realismus, um sich im fortgeschrittenen Alter in die Traditionen der iranischen Malschule zu vertiefen. Der Künstler verband damit die kulturellen und künstlerischen Traditionen Armeniens, Georgiens, Persiens und Russlands.

Das Hauptwerk aus seiner iranischen Zeit ist das außergewöhnliche lebensgroße Porträt "Nāser ad-Din, der Schah von Persien" in der Sammlung des Belvedere in Wien – das einzige bekannte Gemälde des Künstlers in einem europäischen Museum außerhalb Russlands.

Raden Salehs Herkunftsland Indonesien war niederländisch kolonialisiert. In den Kulturspalten der Zeitungen Europas, wo er von 1829 bis 1851 und von 1875 bis 1878 lebte, war der Künstler mit seiner Arbeit breit vertreten. Seine Kreativität und sein Künstlertum wurden zwar nie infrage gestellt, dennoch wurden Werk und Autor von Medien und Kunstkritikern seiner Zeit immer exotisiert. In Indonesien selbst wurde Salehs Originalität zu seinen Lebzeiten angezweifelt: Er wurde als "europäisiert" bezeichnet und für seine verklärten Darstellungen kritisiert. Innerhalb dieser Spannbreite wird Raden Saleh bis zum heutigen Tag diskutiert.

Die in der Ausstellung gezeigten Bilder der drei Maler wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus dem ehemaligen Bestand der kaiserlichen Gemäldesammlungen in das Belvedere überführt – offenbar weil es sich um Ölgemälde in europäischer Technik und weitgehend europäischem Stil handelt. Ihre Einordnung in den Kanon eurozentristisch geprägter Kunstgeschichte fällt bis heute schwer. Im Kunsthandel erzielen Werke der drei Künstler mittlerweile Millionenbeträge.

Die Reihe Im Blick stellt das Schaffen der drei Persönlichkeiten näher vor und leuchtet die Hintergründe ihrer Arbeiten aus. Im Fokus steht die spezielle Ausprägung künstlerischen Wirkens zwischen europäischen und asiatischen Kulturtraditionen.

Im Blick
Raden Saleh, Osman Hamdi Bey und Hakob Hovnatanyan
Kunst von Welt in der Sammlung des Belvedere
9. September 2021 bis 27. März 2022