Kunst als Wissenschaft

Andreas Feininger gehört zu den bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts. Berühmt wurde er durch seine Bilder im Life Magazin, bei dem er von 1941 bis 1962 als Redaktionsfotograf arbeitete. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Bildbände sowie mehrere Lehrbücher über Fotografie, die bis heute zur Standardliteratur für Berufsfotografen zählen.

Als Sohn des amerikanischen Künstlers Lyonel Feininger 1906 in Paris geboren, wuchs er bei Berlin und später in Weimar auf, wo sein Vater am Bauhaus lehrte. Nach einer Kunsttischlerlehre studierte er Architektur in Dessau und arbeitete kurzfristig in seinem Beruf, bis ihn die Weltwirtschaftskrise 1931 arbeitslos machte. Da er als Jude mit amerikanischem Pass in Deutschland keine Arbeit mehr fand, wanderte er 1933 zusammen mit seiner Frau in deren schwedische Heimat aus. Sechs Jahre später übersiedelte das Paar von Stockholm nach New York, wo es bis zum Tod Feiningers im Februar 1999 lebte.

Schon kurz nach seiner Ankunft in New York gelang es Feininger, sich als freier Fotograf zu etablieren. Unter anderem arbeitete er für das Life Magazin, der damals führenden amerikanischen Illustrierten. Neben Feininger waren bei Life noch andere bekannte Fotografen als freie Mitarbeiter tätig, unter ihnen André Kertész, H.P.Horst, Frank Capa, Ansel Adams, W. Eugene Smith und Alfred Eisenstaedt. Die begehrte Position eines festangestellten Redaktionsfotografen errang 1941 jedoch Andreas Feininger, dessen Fotos besonders häufig im Magazin erschienen und dessen fundiertes fotografisches Wissen unumstritten war.

Schon in den 1920er Jahren hatte er die vorhandene Fototechnik durch die Erfindung eines schwenkbaren Vergrößerungsapparates weiterentwickelt, der dann ab 1935 industriell hergestellt und kommerziell vertrieben wurde. In den 1930er Jahren baute er sich mit einfachsten Mitteln das damals weltweit größte Teleobjektiv, um damit Fotos ohne Winkelverzerrungen machen zu können. In diesen technischen Erfindungen spiegelte sich Feiningers spezifische Auffassung von Fotografie, die er als eine (fast) wissenschaftliche Haltung charakterisierte. Von sich selbst sagte er: "I feel more like a scientist than an artist. - Ich fühle mich mehr als Wissenschaftler denn als Künstler".

Dementsprechend bezeichnete er auch die "Wahrheit und Klarheit der Darstellung als eine der Haupteigenschaften aller meiner Fotos". Damit grenzte sich Feininger deutlich von den Haltungen anderer Fotografen seiner Zeit ab, etwa vom Draufgängertum eines Kriegsfotografen wie Robert Capa, dem surrealistischen Spiel eines Man Ray oder der Sozialkritik eines William Eugene Smith. Seine Haltung spiegelt sich auch in den Motiven, mit denen er sich hauptsächlich beschäftigte: Einerseits hielt Feininger das urbane Leben seiner Zeit in Bildern fest, ohne sich jedoch für dessen Konflikte - wie z. B. W. E. Smith - oder dessen Skurrilitäten - wie Weegee - zu interessieren. Andererseits faszinierten ihn Natur und Landschaft mit ihren eigentümlichen Strukturen und Geometrien.

Die Ausstellung "Andreas Feininger - Fotografie" gibt mit über 250 Bildern einen repräsentativen Überblick über das Werk dieses herausragenden Fotografen von den 1930er bis in die 1980er Jahre.

Andreas Feininger - Fotografie
14. Februar bis 18. April 2010