Kulturfestival Walserherbst 2021

22. August 2021
20.08.2021 bis  12.09.2021
Bildteil

Der Walserherbst 2021 macht die alpine Landschaft des Biosphärenpark Großes Walsertal zum Schau- und Hörplatz für zeitgenössische Kunst und Kultur. Von 20. August bis 12. September 2021 inszeniert das „steilste Festival in den Bergen“ an ungewöhnlichen Orten des Tals Begegnungen mit Musik, Literatur, Tanz, Performance, Kino, Kulinarik, Volkskultur sowie Ausstellungen.

Wie eine unsichtbare Seilbahn verbindet der biennal stattfindende Walserherbst nun schon zum neunten Mal die steilen Hänge des Großen Walsertals. Das Festival versorgt Einheimische und Gäste bis in die letzten Winkel mit einem dreiwöchigen Kulturprogramm. Internationale und regionale Künstler_innen setzen sichtbare Zeichen, die über den Moment hinaus wirken.

Die Festivalleiter Dietmar Nigsch und Eugen Fulterer gestalteten wie gewohnt ein fulminantes Eröffnungswochenende: Neben einer Reihe an Vernissagen, darunter die Fotoausstellungen „Walser Bildgeschichten“ und „Schlussverkauf“ von Nikolaus Walter sowie die Installation „Konferenz der Möwen“ von May-Britt Nyberg-Chromy, lädt der Walserherbst zu Konzert und Frühstücksmatinee mit dem Bläserensemble Federspiel. Auch die erste von drei „Klingenden Kirchen“ mit den Referent_innen der parallel zum Festival stattfindenden Radix Musikwerkstatt fanden am Eröffnungswochenende statt. Weitere Konzerte in den Bergkirchen des Tals geben das Trio "Ritter | Lechner | Coleman" (Karl Ritter, Otto Lechner, Melissa Coleman) sowie die griechisch-schweizerische Formation Wotsala (Andreas Paragioudakis, Marcello Wick).

Zu einem zentralen Thema des Walserherbst 2021 wird die Mobilität im Tal. Unter dem Titel „Verkehr(t)“ fragt das Festival ExpertInnen und die Bevölkerung, welche Schwerpunkte eine nachhaltige Verkehrspolitik im Walsertal setzen muss. Ergebnisse einer talweiten Umfrage werden bei der Mobilitätswerkstatt „Vom Heute ins Morgen“ präsentiert und diskutiert. Im Mobilitätslabor „Von A mit B nach C“ denkt eine Expertinnenrunde laut über Möglichkeiten der Transformation sowie visionäre Mobilitätsmodelle nach. Zudem versucht der Walserherbst die alte Tradition des „Auto-Stoppens“ mit Hilfe von Mitfahrbänken wieder aufleben zu lassen und etabliert testweise eine Nightline, die den autofreien Besuch der Veranstaltungen mit einer zusätzlichen nächtlichen Verkehrsanbindung ermöglicht. Ein lustvoller Radl-Salon der Truppe Mowetz & Co umrahmt den Diskurs „Verkehr(t)“ mit rund 25 kuriosen Geschicklichkeitsrädern.

Der Kulturpavillon, erbaut auf Mauerresten der Burgruine Blumenegg, wird erneut zur Bühne für Literatur und Musik. So lesen beispielsweise die Schauspielerinnen Maria Hofstätter und Martina Spitzer Texte von Gert Jonke und Elfriede Gerstl. Das von den Bürger_innen geführte Kaffeehaus „Falva“ wird vom Vorarlberger Künstler und Designer Daniel Büchel mit stilechten Möbeln, Jukebox und druckfrischen Journalen in ein temporäres Retro Café verwandelt und vom Walserherbst mit vielfältigem Programm bespielt: Pianist Emil Hetz lädt zur Musik-Soirée, Magdalena Türtscher zur Präsentation ihres Pflanzen-Nachschlagewerks „Flora“ sowie Maria Hofstätter zu „Toni und Moni oder: Anleitung zum Heimatroman”. Umbruch und Aufbruch der 1970er-Jahre werden zum Motto des von der Festivalleitung gestalteten Abends „Aber bitte mit Sahne ...“. DJ Ulli Winkler, Hüterin der bedeutendsten Plattensammlung im Tal, zaubert passend dazu freie Liebe, Dauerwellen, Unmoralisches und Aufbegehren auf ihre Plattenteller.

Der Kraft der Pflanzen und im Besonderen ihrer Wurzeln widmet sich die Installation Wurzelwunderkammer von AMÚR Wien/Renate Burger und Elisabeth Handl. Eine geführte Tour mit kulinarischem Fokus enthüllt die Wurzel als obskures Fundstück und unterirdischen Bedeutungs- und Informationsträger, der auch überirdisch Wirkkraft entfaltet. Textilkünstlerin Maria Baumschlager-Dünser erweitert die Installation um Knüpfteppiche mit Naturmotiven. In der Schreibwerkstatt mit der Liechtensteiner Autorin Anna Ospelt und der Kräuterpädagogin Susanne Türtscher begeben sich die Teilnehmenden auf eine eingehende Naturbetrachtung. Bei „Wurzel-Rauch-Zeichen“ wird der Naturraum „Labom“ auf 1.000 Metern Seehöhe zum Treffpunkt, um Botschaften von Wurzelkräuter zu lauschen und in deren Rauch zu lesen.

Zu den Highlights des Walserherbst 2021 zählt auch das Kunstobjekt „Trilogie Brandalpe“ von Matthias Würfel auf dem auf 1.700 Meter hoch gelegenen Alpenplateau über Damüls. Die Enthüllung findet im Rahmen eines historischen Alpgangs zur Walser-Ursiedlung auf der Brandalpe statt. Die gut gangbare Wanderung findet mit einem Konzert von Anton & Philipp Lingg („Vo Mello bis ge Schoppornou“) in der Pfarrkulisse Damüls seinen Abschluss. Landschaftskünstler Matthias Würfel gibt entlang des Lutzbachs einen Land Art-Workshop.

Zwischen Jodeln, Volkstanz und zeitgenössischem Tanz changieren die Performance und der Workshop „SunBengSitting“ von Simon Mayer. Clownfrau Martha Laschkolnig wird mal hier und mal dort auftauchen, geht mit Klein und Groß auf die phantasievolle Theaterreise „step by step“ und zu einer poetischen Kneipp-Wanderung. Zu Ehren des 200. Geburtstags von Sebastian Kneipp findet ein „Kneipp & Schwefel“-Nachmittag statt, der zum heilenden Lutzschwefelbad führt.

Der Walserherbst-Abschluss wird mit einem Trödelmarkt, Kultsongs und Tanzmusik begangen. Dazu „entlüftet“ das Festival – und alle, die mitmachen möchten – ihren Fundus. Das schwäbischbayerische Trio „ScheinEilig“ begleitet mit progressiver VolXmusik durch den Tag.

„Das Programm des Walserherbst darf gleichzeitig schräg und bodenständig, laut und sanft, berührend und humorvoll sein. Uns ist es ein Anliegen, das Hiesige mit dem Auswärtigen, das lang Gewachsene mit dem Zeitgenössischen zu verknüpfen. Bestehende Kultur- und Naturräume bespielen wir mit einer Vielfalt, die sowohl den Einheimischen als auch den Gästen Genuss und Inspiration bringt“, sind sich die Walserherbst-Kuratoren Dietmar Nigsch und Eugen Fulterer einig. Das biennal stattfindende Festival wurde Corona-bedingt von 2020 auf 2021 verschoben.