Krise in Griechenland?

16. November 2011 Rosemarie Schmitt
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Von einer Krise kann definitiv keine Rede sein, denn obwohl der amerikanische Gast eine gänzlich andere Richtung bevorzugt als Griechenlands Repräsentantin, verlief das Treffen in Athen ausgesprochen harmonisch. Für Lloyd ist sie ohne jeden Zweifel die First Lady des Landes, und was die Devisen betrifft, scheint der Amerikaner ebenfalls eine ganz klare Meinung zu haben: Wer sich nicht hin und wieder verausgabt, ist nicht ganz bei der Sache! Bleibe der Du bist und mach Dein Ding! Lass Dir bloß nicht reinquatschen und Dich beirren! Geld ist nicht Alles! Das Einzige, was es zu schlagen, gilt sind Brücken!

Und diese zuletzt genannte seiner Devisen führte ihn auch nach Griechenland. Er, der amerikanische Saxophonist Charles Lloyd und die griechische Sängerin Maria Farantouri hatten einen Traum: eine musikalische Brücke zwischen ihren Welten zu schlagen. Und diesen Traum verwirklichten sie sich mit einem gemeinsamen Konzert in Athen. Was bloß haben Farantouri und Lloyd musikalisch gemeinsam? Farantouri ist Vieles, aber keine Jazz-Sängerin. Lloyd ist ein Urgestein der Jazz-Szene. Beide sind auf ihre Weise ziemliche Sturköpfe und mit ihren Traditionen tief verwurzelt. Keiner von beiden geht von seinem Weg ab,- nicht die Spur eines Spurwechsels, nicht einmal andeutungsweise! Jeder für sich und doch miteinander? Kann das gut gehen?

Ich bin der Meinung, das Ergebnis dieses Traumes, das gemeinsame Konzert in Athen, kann sich hören lassen. Die Jazz-Liebhaber unter Ihnen werden es sicherlich als traumhaft bezeichnen, die Farantouri-Fans ohnehin. "Athens Concert" lautet der Titel der Doppel-CD von ECM-Records (Universal). Was Maria Farantouri und Charles Lloyd da wagten, hat durchaus etwas Abenteuerliches. Beide sind außergewöhnliche, eigenwillige Menschen die über bemerkenswerte Charaktere und einnehmende Wesen verfügen. Reife Menschen, die wissen was sie wollen, und besonders was nicht. Immerhin sind sie zusammen stolze 137 Jahre alt und am 28. November feiert Farantouri ihren 64. Geburtstag. Wie alt Charles Lloyd wohl ist?

Niemand der beiden ließe sich je verbiegen, und schon gar nicht auf der Bühne! Und genau das macht diese Aufnahme aus. Jeder macht sein Ding, er jazzt und swingt und sie singt und singt wie immer, mit dieser faszinierenden Stimme, die ein jeder nach dem ersten Ton erkennt. Seien es Kompositionen von Lloyd, Theodorakis oder traditionelle griechische Musik, jeder bleibt sich treu und das klingt sehr reizvoll.

Zwei Titel haben es mir besonders angetan: "Requiem", faszinierend durch Lloyds wundervoll lyrisches und swingendes Saxophonspiel und eine sehr gefühlvolle Pianobegleitung. Wenn Farantouri mit ihrem Gesang beginnt, dann erst wird der Titel rund. Ich sage Ihnen: dieser Besen! Ich bitte Sie, wie könnte ich Farantouri je als solchen bezeichnen, ich meine diesen Jazz-Besen des Schlagzeugers! So liebe ich Jazz!

Mein zweiter Favorit ist "Voyage to Cythera", eine Musik, die ich mir sehr gut in einer griechischen Bar vorstellen könnte. Neuerdings bezeichnet man solche Musik auch als Lounge-Musik, die bestens zum "chillen" geeignet sein soll. Na ja, ich kann bei dieser Musik besser entspannen.

Herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt