Knurrhahn und Spiegelschrift

Am Samstag, 19. Januar 2008, werden im Kunstraum Kreuzlingen gleichzeitig zwei Ausstellungen eröffnet: "White Cube Black Box" von Lisa Schiess und im neu erschlossenen Kellergeschoss, dem Tiefparterre, wird das Videogramm "Knurrhahn" von Hannes Rickli gezeigt. Beide Ausstellungen sind bis zum 2. März 2008 zu sehen.

Die Arbeiten von Lisa Schiess, in Kreuzlingen geboren, erschliessen sich in dieser Ausstellung auf einem Parcours durch ein assoziatives Netzwerk. Beispielhaft zu sehen ist dieses in den Schriftbahnen ihrer Arbeit der Rosenhecke, welche sie für Moutier 2007, art en plein air, entwickelt hat und wleche in modifizierter Weise nun auf den beiden Wänden des Ausstellungsraumes zu sehen sind. Auf der einen Seite erscheinen die Worte in korrekter Schrift, auf der gegenüberliegenden in Spiegelschrift, als wäre die Installation als ein leichtes Spiel mit der Spiegelung zu interpretieren.

Was nun aber der Betrachter mittels eines Handspiegels zu tun hat, zeigt den Prozess, welcher bei der Entzifferung der Werke von Lisa Schiess in Bewegung kommt. Vermeintlich glaubt der Besucher, mit dem den Blick in den Spiegel alles zu erfahren, doch hinter den Spiegel wird er effektiv nur über seine Imagination blicken können. Das Spiel mit verschiedenen Deutungen, mit Variabilitäten, wie Lisa Schiess es nennt, ist kein Zufall, sondern könnte als ihre berechnende künstlerische Strategie bezeichnet werden. Der Parcours im Kunstraum endet im gedämpften Dunkel einer Videoinstallation, deren Bilder, durch Paravents verdeckt, nur als rhythmische Farbsequenzen zu erahnen sind.

Als Teil eines Work in Progress bearbeitet, exponiert und diskutiert das Projekt "Knurrhahn" von Hannes Rickli (Zürich) multimediale Prozessprotokolle aus wissenschaftlichen Laborzusammenhängen im Kunstkontext. Der Künstler nimmt dabei mit einem Daten-Livestream (Audi/ Video) via Internet die dispositiven Strukturen wie auch die Neben-Effekte wissenschaftlichen Handelns ins Visier, indem Untersuchungen des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung von Helgoland direkt in das Tiefparterre des Kunstraumes übertragen werden.

Eine Bodenprojektion macht in Unterwasserperspektive verzerrte Kommunikationsfetzen, Hantierungen und Medien-Kalibrierungen jener Personen wahrnehmbar, welche die akustische Kommunikation der nachtaktiven Knurrhähne, dorschartiger Fische, beforschen. Aufbau und Entwicklung des Experimentalsystems vollziehen sich deshalb sozusagen im Off des wissenschaftlich Relevanten. Mehrmalige Besuche hingegen machen die Veränderungen dieses Systems erkennbar und offenbaren die Konstruktionsweisen wissenschaftlicher Tatsachen als vom Parameter der Zeit geprägte Prozesse.

Mit seinem Setting organisiert Hannes Rickli die Betrachtenden als BeobachterInnen zweiter Ordnung, um gleichzeitig die leiblichen und somit die ästhetischen Dimensionen der hochkomplexen Produktion wissenschaftlicher Erkenntnisse zu zeigen.


Lisa Schiess - White Cube Black Box
Hannes Rickli - Videogramm Knurrhahn

19. Januar bis 2. März 2008