Jürgen Vanek - "Meine Bilder sind mein Leben."

Die Künstlerin Luka Berchtold startet mit einer Malerei-Ausstellung in ihr drittes Jahr als verantwortliche Kuratorin des Kunstraumes Remise in Bludenz. Die erste Schau 2025 ist dem Schaffen des 1974 in Mödling (Niederöstereich) geborenen und heute in Wien lebenden und arbeitenden Künstlers Jürgen Vanek gewidmet, der von sich selber sagt: "Mir wurde das Lesen und Schreiben verwehrt, darum male ich meine Bilder." Vanek ist seit seiner Geburt motorisch-körperlich und sprachlich beeinträchtigt und war die ersten Jahrzehnte seines Lebens in ein für Menschen mit Behinderung typisch vorprogrammiertes Lebensschema eingebettet, das mit dem Besuch einer Sonderschule seinen Anfang nahm und sich dann mit dem Arbeiten in Förderwerkstätten zur alltäglichen Form konkretisierte. Bis er sich vor 15 Jahren dazu entschloss, aus diesem genau strukturierten System auszusteigen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen, in dem die Kunst den zentralen Mittelpunkt einnimmt.

Zu malen und zu zeichnen hat Jürgen Vanek bereits in den 1990er Jahren begonnen. Für ihn wurde diese Praxis zu einem Mittel, um seine Gefühle und Empfindungen zum Ausdruck zu bringen, was sprachlich nicht so leicht möglich war. Die ersten Zeichnungen entstanden mit Hilfe eines Computerprogrammes. Aus diesen heraus entwickelten sich Bleistift- und Kugelschreiberzeichnungen, die im Laufe der Zeit zusehends an Größe gewannen. Später kam der Einsatz von Acrylfarbe hinzu. Vor allem in den Werken, die in den letzten Jahren entstanden sind, stellt die Farbe ein wesentliches Transportmittel dar, um seine inneren Befindlichkeiten zu visualisieren.

Durch die intensive Auseinandersetzung mit seiner eigenen Geschichte ist in den vergangenen dreißig Jahren ein Werk voller Wut, Trauer und Freude entstanden. Vanek: "Wenn ich male, weiß ich einerseits genau, wie es werden soll, andererseits arbeite ich, auf dem Boden sitzend, sehr schnell, spontan und impulsiv, sodass ich von den Details oft auch selber überrascht werde." Die Gemälde des Künstlers sind äußerst reduziert angelegt und wirken wie in die Fläche erweiterte Strichfiguren. Formal erscheinen die dargestellten Menschen unförmig, gedrungen, embryonal gekrümmt. Häufig verwendet Vanek für die Hautfarbe seiner nackten Menschen ein schrilles Pink, aus denen die Augen, Geschlechtsteile und Haare als schwarze, flächige Kleckse oder Striche signalhaft hervorstechen. Nacktheit, Körperlichkeit und Sexualität seien seine drei Leitthemen der letzten Jahre, betont Jürgen Vanek.

Durch viele Kommentare von Menschen die auf Vaneks Kunst reagieren, hat sich der Künstler zu wehren gelernt. Wenn ihn etwa jemand aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen und der Reduziertheit der Darstellungen fragt, ob er ein Mundmaler sei, kann er durchaus forsch sein und antworten, dass er "mit dem Schwanz" male. Vanek selber streicht hervor: "Meine Werke sind Kunst. Ich will, dass meine Bilder bestaunt werden oder auch kritisiert werden. Als Kunst, mehr nicht!". Die Bilder Vaneks erlangen durch ihre authentisch-ursprüngliche und ungestüm-direkte Gestaltung sowie die Beschränkung auf wenige Farben wie Blau, Grün, Pink und Schwarz eine beklemmende Ausdrucksstärke.

Was Vanek, dessen Biografie von vielen Brüchen und nicht zugestandenen Möglichkeiten geprägt ist, nicht will, ist, als Art-Brut- oder Outsider-Künstler bezeichnet zu werden. "Die zentrale Problematik der Kunstbegriffe rund um Art Brut und Outsider Art ist die beinahe ausschließliche Verwendung dieser Kategorien durch Kurator:innen und anderen Fachleuten der Kunstszene. Die Haltung der Protagonist:innen, der entsprechenden Künstler:innen hinter diesen Begriffen, wird nur selten hinterfragt. Jürgen Vanek stellt sich als Künstler und als Aktivist gegen fremdbestimmte Zuordnungen und arbeitet gegen vielfältige Formen des Ableismus‘ in der Gesellschaft und letztlich auch in der Kunst an.", so Florian Reese, der künstlerischer Leiter und Kurator vom Atelier 10 in der ehemaligen Ankerbrot-Fabrik im 10. Wiener Gemeindebezirk, wo Jürgen Vanek seinen Atelierplatz hat.

"Meine Bilder sind mein Leben." - Jürgen Vanek im Kunstraum Remise Bludenz
10. Jänner bis 15. Februar 2025
Eröffnung: 09.01., 20.00 Uhr
Mi-Sa, So u. Fe 15-18